Azubis Schinle
Schinle
Die Auszubildenden Moritz Haag (links) und Lasse Flügge (rechts) fühlen sich in ihrem Ausbildungsbetrieb Schinle in Schramberg herzlich willkommen.

Ausbildungsexperten und zertifizierte Ausbildungsbetriebe verraten ihre Tricks - Teil 3: Motivation durch Integration So motiviert man Azubis (3)

„Eigentlich machen wir gar nichts Besonderes.“ Nicole Rost ist überrascht. Sie ist bei der Schinle GmbH und Co. KG in Schramberg für die Personalverwaltung zuständig. 20 Mitarbeiter und zwei Azubis hat das Unternehmen, das im letzten Jahr mit dem VORAUS-Zertifikat der Handwerkskammer für vorbildliche Ausbildung ausgezeichnet wurde. Eine besonders herzliche Willkommenskultur haben die Prüfer dem SHK-Betrieb bescheinigt, dessen Geschäftsführung ihr Mann, Tobias Rost, vor acht Jahren übernommen hat: Die Auszubildenden seien in kürzester Zeit integriert worden und fühlten sich im Team und in der Firma pudelwohl.

Miteinander gewinnt

„Das Gefühl der Zugehörigkeit ist eine Grundvoraussetzung für eine gute Zusammenarbeit und damit natürlich auch für die Ausbildung: Nur wer sich als Teil des Ganzen begreift, kann und will auch sein Teil beitragen“, sagt Maria Grundler, Expertin für Nachwuchswerbung bei der Handwerkskammer Konstanz. Für Jugendliche sei das einer der Knackpunkte beim Übergang von der Schule in den Beruf: „Da war man jahrelang fast nur mit Gleichaltrigen zusammen und landet plötzlich in einer Erwachsenenwelt. Das erzeugt Unsicherheit, die die Betriebe auffangen sollten“, so die Diplom-Pädagogin.

Bei Schinle klappt das bestens: „Natürlich nehmen wir alle freundlich auf und sind auch schnell beim Du. Das ist einfach der normale Umgang bei uns“, sagt Nicole Rost. Leichter sei es vermutlich, weil das Team insgesamt relativ jung ist: „Einige unserer Monteure haben bei uns die Ausbildung gemacht. Die sind vom Alter nicht weit weg von den jetzigen Azubis und können sich gut in deren Lage versetzen.“

Aber auch das Unternehmerehepaar Rost tut einiges, um die Mannschaft zusammenzuschweißen und Neuzugänge gut zu integrieren: Dazu gehören scheinbare Nebensächlichkeiten wie die einheitliche Arbeitskleidung, die vom Azubi bis zum Meister alle Schinle-Mitarbeiter tragen, die Betriebsversammlungen, Mitarbeiterausflüge und Firmenfeiern, bei denen alle mit von der Partie sind.

Anklopfen nicht nötig

Dazu gehört auch, dass die Azubis in alle Unternehmensbereiche reinschnuppern dürfen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten schnell Verantwortung übertragen bekommen. „Vom Zuschauen lernt man nichts“, sagt Nicole Rost. Die Gesellen hätten dabei eine Vorbildfunktion und würden den Azubis auch direktes Feedback geben. „Das ist der große Vorteil einer Ausbildung im Handwerk: Die Zusammenarbeit ist in kleinen Teams viel enger und das Miteinander viel wichtiger als in einem anonymen Industriebetrieb. Wenn da ein gutes Klima herrscht, hilft das Auszubildenden auch über eine Motivationsschlappe hinweg. Ein starkes Team zieht einen einfach mit“, sagt Maria Grundler. Nur eines lässt sich im VORAUS-Betrieb Schinle beim besten Willen nicht behaupten: Dass die Türen von Chef und Chefin immer offen stünden. „Unser Büro hat gar keine Türen“, sagt Nicole Rost und lacht. Zu ihr und ihrem Mann könne jeder kommen, ob mit Problemen in der Berufsschule oder bei privatem Kummer: „Kommen und reden. Das sagen wir jedem Azubi von Anfang an und das wird auch so gemacht.“ Gar nichts Besonderes eben.

Motivation durch Integration – Tipps der Ausbildungsexpertin:

1.  Willkommen heißen

Schon während eines Praktikums und erst recht in der Anfangszeit der Ausbildung sollten Jugendlichen merken: "Die wollen mich hier haben." Das signalisiert man ihnen am besten durch Freundlichkeit, Interesse und eine gute Vorbereitung: "Von Tag eins bis zum Schluss sollte ein Azubi Ansprechpartner für seine Fragen finden und spüren, dass die gesamte Belegschaft hinter der Ausbildung steht", rät Nachwuchsexpertin Maria Grundler von der Handwerkskammer Konstanz.

2.  Patenschaften initiieren

Lernen können Jugendliche ja bekanntlich nicht nur von Lehrern, sondern auch von Gleichaltrigen – und das sogar besonders gerne. Wenn Azubis in höheren Lehrjahren eine Art Patenschaft für neue Azubis übernehmen, kann das für den Start sehr hilfreich sein und einige Hemmnisse aus dem Weg schaffen. Und wer weiß: Vielleicht kann so ein Tandem sogar zum Beginn einer wunderbaren Freundschaft werden.

3.  Vertrauensperson benennen

Völlig reibungslos wird es auch im nettesten Team der Welt nicht ablaufen. Für diese Fälle sollte der Ausbildungsbetrieb eine Vertrauensperson in der Firma benennen, die bei Problemen vermittelt und auch unangenehme Fragen diskret zu klären hilft.

4.  Wachsen lassen

„Man wächst mit seinen Aufgaben“ – das gilt erst recht in der Ausbildung. „Wer merkt, dass ihm etwas zugetraut wird, übernimmt in der Regel auch gerne Verantwortung und fühlt sich in seiner Rolle gestärkt“, sagt Maria Grundler. Die Voraussetzung für eigenständiges Arbeiten ist allerdings, dass Fehler kein Weltuntergang sind. „Aus Fehlern kann man lernen“ ist deshalb der nächste wichtige Grundsatz für das Miteinander im Team.

  Informationen und Ansprechpartner bei Fragen rund um die Ausbildung finden Sie unter www.hwk-konstanz.de/ausbilden