Fa. Kitzlinger Haus
Kitzlinger Haus GmbH & Co. KG
Man muss sie nur machen lassen: Ganz selbständig haben die Azubis von Kitzlinger Haus in Sulz am Neckar ein Baumhaus für den Evangelischer Kindergarten Weiden gebaut. Entsprechend stolz sind Finn Konrad (damals noch Ferienjobber, jetzt Azubi im 1. Lehrjahr), Leon Labenz-Kutzner, Luis Braitsch, Jan Bippus, Carina Mondry und Niklas Gruhner (v. l.) auf ihr Werk.

Ausbildungsexperten und zertifizierte Ausbildungsbetriebe verraten ihre Tricks - Teil 1: Motivation durch Organisation So motiviert man Azubis (1)

Ab jetzt zählt es: Über 1.600 Jugendliche sind Anfang September 2019 im Bezirk der Handwerkskammer Konstanz in eine handwerkliche Ausbildung gestartet. Drei Jahre lang gilt es, sie nicht nur fachlich fit zu machen, sondern vor allem auch motivationsmäßig am Ball zu halten. Denn nichts ist ärgerlicher, als wenn die Nachwuchshoffnung das Spielfeld vorzeitig wieder verlässt, weil ihm oder ihr schlicht die Lust abhandengekommen ist.

Was Betriebe tun können, um die Motivation hoch und die Abbruchquote niedrig zu halten, verraten Ausbildungsexperten der Handwerkskammer Konstanz und Ausbildungspraktiker, die mit dem VORAUS-Zertifikat für vorbildliche Ausbildungsbetriebe ausgezeichnet wurden, in einer vierteiligen Serie, die 2019 in der Deutschen Handwerks Zeitung (DHZ) erschien. Im ersten Teil geht es um die durchdachte Organisation der Ausbildung – neben einer guten Kommunikation, einer erfolgreichen Integration ins Team und einer wertschätzenden Gratifikation ein Schlüssel zu mehr Spaß am Lernen und Arbeiten.

„Ein Geheimnis von Motivation liegt in der richtigen Mischung aus klarer Struktur und genügend Freiraum“, sagt Katja Haid, Ausbildungsbegleiterin bei der Handwerkskammer Konstanz. Um beides unter einen Hut zu bringen, sei allerdings jede Menge Planungskompetenz gefragt – und der Wille, auch immer mal wieder über den Tellerrand zu schauen.

Bei Kitzlinger Haus in Sulz, einem VORAUS-Betrieb der ersten Stunde, ist man mit diesem Konzept bislang sehr gut gefahren. Fünf junge Männer und Frauen sind es derzeit, die in dem Familienunternehmen mit seinen insgesamt 40 Mitarbeitern im Zimmererhandwerk ausgebildet werden. Jeder und jede von ihnen hat zum Start in die Ausbildung einen individuellen Azubi-Plan bekommen, auf dem nicht nur die Termine für die Überbetriebliche Ausbildung und die Berufsschule festgehalten sind, sondern auch Zeiten in verschiedenen Stationen des Unternehmens eingeplant wurden. Die angehenden Zimmerer und Zimmerinnen durchlaufen nämlich jeden Unternehmensbereich, einschließlich Schnuppertagen in der Buchhaltung und im Vertrieb. „Wir wollen, dass unsere Auszubildenden das Ganze sehen und sich als Teil des Ganzen begreifen“, sagt Nicole Thomann, die in der Zentrale von Kitzlinger Haus die Organisation der Ausbildung unterstützt.

Der ganzheitliche Ansatz des Unternehmens reicht sogar noch weiter: Im zweiten Lehrjahr steht für die Azubis ein Praktikum in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung auf dem Programm, einfach, um den Blick fürs Umfeld zu schärfen, Begegnungen zu ermöglichen und die Sozialkompetenz zu stärken. „Das ist eine Woche, die bei den meisten einen tiefen Eindruck hinterlässt“, berichtet Ausbildungsleiter Dieter Kurtz.

Das fachliche Üben und Lernen kommt bei all dem Engagement trotzdem nicht zu kurz: In einer separaten Werkstatt können Modelle gebaut und einzelne Arbeitsschritte geübt werden. Alle sechs Wochen gibt es dazu sogar ein samstägliches Extra-Training unter Anleitung eines Meisters. „Das zählt natürlich als Arbeitszeit und wird bezahlt“, so Kurtz.

Und schließlich wartet das Unternehmen noch mit einem besonderen Highlight auf: dem alljährlichen Azubi-Projekt. Ein Baumhaus für den evangelischen Kindergarten im Nachbarort war es in diesem Jahr, dessen Bau die Nachwuchskräfte von der Planung bis zur Übergabe selbst managten. „Hier können unsere Azubis ihr Können beweisen, das bestärkt sie in ihren Leistungen“, sagt Organisatorin Nicole Thomann. „Und wenn am Ende noch ein Dankesbrief vom Kindergarten kommt und ein Zeitungsartikel erscheint, gibt das noch einmal einen zusätzlichen Motivationsschub.“

Motivation durch Organisation – Tipps der Ausbildungsexpertin

1. Planvoll vorgehen

Wer, was, wann, wo, wie und warum? Die berühmten W-Fragen müssen nicht nur von einer Zeitungsmeldung beantwortet werden, sondern sollten auch im betrieblichen Ausbildungsplan stehen. Was also muss vermittelt werden, wer ist dafür zuständig, wann, wo und wie kann das geschehen und warum sind diese Inhalte wichtig? Darauf muss ein Ausbilder antworten können und zwar jeden Tag aufs Neue. „Ausbildung ist eine Aufgabe, die jeden Mitarbeiter und jeden Arbeitsablauf betrifft. Das erfordert eine umfassende Planung“, sagt Ausbildungsbegleiterin Katja Haid. Sie empfiehlt auch erfahrenen Ausbildern immer wieder einen Abgleich der eigenen Lehrinhalte und Abläufe mit dem aktuellen Ausbildungsrahmenplan (unter www.bibb.de).

2. Strukturen schaffen

Feste Abläufe und klare Strukturen geben Auszubildenden genauso wie dem Rest der Belegschaft Sicherheit und helfen, Missverständnisse und Unstimmigkeiten zu vermeiden. „Dazu gehören regelmäßige Teambesprechungen, klare Absprachen zu Einsatz, Pausen- und Urlaubszeiten und natürlich grundsätzlich geregelte Arbeitszeiten“, so Katja Haid.

3. Platz machen

Ein eigener Arbeitsplatz ist für Azubis in vielen Gewerken unabdingbar. Wo sonst sollen sie Arbeitsschritte und Techniken ausprobieren können, ohne dabei viel Schaden anzurichten? Die notwendigen Ausbildungsmittel und die persönliche Schutzausrüstung müssen Betriebe ohnehin zur Verfügung stellen. Eine gute Ausrüstung mit Werkzeug, für dessen Aufbewahrung und Pflege man selbst zuständig ist, stärken laut Ausbildungsexpertin Katja Haid außerdem das Verantwortungsgefühl und das Selbstvertrauen.

4. Spielräume bieten

Grundsätzlich gilt: „Dem Lehrling sind nur Aufgaben zu übertragen, die dem Ausbildungszweck dienen und seinen körperlichen Kräften angemessen sind.“ So schreibt es die Ausbildungsordnung vor. Statt also Azubis zunächst einmal ausgiebig mit der „Kehrseite“ eines Berufs vertraut zu machen, sollte man sie von Anfang an in möglichst vielfältige Abläufe einbeziehen und ihnen Handlungsspielräume geben. „Individuell fördern, angemessen fordern“, empfiehlt Katja Haid als Devise. Azubi-Projekte seien dafür besonders gut geeignet, vor allem, wenn die Azubis selbst die Ideen entwickeln dürfen. „Vom Bau eines Spielhauses für den örtlichen Kindergarten über die Betreuung des Facebook-Auftritts der Firma bis zur Organisation eines Tags der offenen Tür gibt es dazu jede Menge positiver Beispiele“, so Haid.

 Informationen und Ansprechpartner bei Fragen rund um die Ausbildung finden Sie unter www.hwk-konstanz.de/ausbilden

Portrait von Katja Haid HWK KN

Katja Haid

Ausbildung und Prüfung
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