Automatisierung im StraßenbauWie von Zauberhand gesteuert
Eine Software plant und lenkt Baustellen im Straßenbau – so wird Stillstand vermieden. Das Bauunternehmen Storz aus Tuttlingen erfüllt den QSBW 4.0-Standard.

Baustellensteuerung digital: Sascha von Au und Marc Oßwald (rechts) von der Baufirma Storz haben alle Abläufe über das Tablet im Blick.
Es ist wie bei einem Orchester: Jedes Baufahrzeug weiß genau, wann es seinen Einsatz hat. Doch der Dirigent an dieser Baustelle auf der B311 ist kein geschulter Musiker, sondern eine Software, die alle Abläufe im Blick hat. Sobald der heiße Asphalt aus dem Fertiger auf die Tragschicht geflossen ist, zählt jede Minute, um ihn auf dieser Brücke über die Donau richtig aufzubringen. Digitalisierung hilft, dass es schneller und effizienter geht und so die Qualität der Straßen steigt.
Prozesse konnten deutlich verbessert werden
Die Kolonnen der Baufirma J. Friedrich Storz Verkehrswegebau GmbH & Co. KG aus Tuttlingen nutzen bereits für bestimmte Aufträge die digitale Unterstützung wie hier in Untermarchtal. Sascha von Au ist für deren Einführung verantwortlich. Durch
den Einsatz digitaler Technologien konnten wir die Prozesse deutlich verbessern“, sagt der Bauleiter und Projektmanager.
Denn wer große Aufträge des Landes BadenWürttemberg erhalten will, muss inzwischen den QSBW 4.0-Standard erfüllen. „Für Baustellen auf Landes- und Bundesstraßen, die größer als 6.000 Quadratmeter sind, ist das gefordert“, erklärt von Au, der im Unternehmen verschiedene Digitalisierungsprojekte betreut. Mit der Initiative „QualitätsStraßenbau BadenWürttemberg“ (QSBW) hat das Bundesland die Digitalisierung im Straßenbau vorangetrieben. Immer mehr Maßnahmen würden bei Storz dementsprechend umgesetzt, sagt von Au. Damit verbunden sei eine große Investitionsbereitschaft der Betriebe.
Doch für die Qualität der neuen Straßen zahle sich dies alles aus. „Wir wollen vermeiden, dass der Fertiger stoppt, während er den Asphalt einbaut“, erklärt von Au. Denn jeder Stopp produziere eine Kante im Fahrbahnbelag, die Autofahrer später als kleine Erschütterung spüren würden. Der Fertiger müsse anhalten, wenn sein Materialbunker leer sei und er keinen Asphalt mehr habe. Auf der digitalisierten Baustelle seien alle Fahrzeuge – Walzen, Fertiger, MischgutLKW – mit GPS-Trackern ausgestattet. Ihre Standorte ließen sich jederzeit am Tablet mitverfolgen. Ebenso der Status jedes Fahrzeugs, ob es gerade beladen werde, sich in der Pause befinde oder im Stau stehe, so der Bauingenieur.
„Die Software erfasst auch, wie viel Mischgut der Fertiger noch hat“, beschreibt von Au die Abläufe. „Danach errechnet sie, wann die thermoisolierten LKW mit dem heißen Mischgut den Fertiger wieder auffüllen müssen, damit dieser nicht
anhalten muss. Und sie gibt dem Fertiger auch die optimale Geschwindigkeit vor. Steht der LKW noch an einer roten Ampel, dann drosselt das Programm das Tempo der Asphaltierung.“ Per Ultraschall messe der Fertiger die Dicke der Straßendecke aus und errechne, ob alles ordnungsgemäß eingebaut sei.
Rund 40 Minuten hält der Asphalt die Hitze
Auch die Walzen, die den Asphalt verdichten, bekämen digitale Informationen, fährt von Au fort. Deren Fahrer sähen auf dem Tablet in ihrem Führerhaus, welche Bereiche sie bereits überfahren haben. 160 Grad heiß sei die Masse, wenn sie auf den
festen Untergrund fließe. Dann blieben je nach Wetter etwa 40 Minuten für die Verdichtung. „Beim Asphalt haben wir nur eine Chance. Wird eine Stelle nicht oft genug überfahren, dann ist der Asphalt dort nicht richtig verdichtet“, so von Au. Idealerweise rolle die Walze mit ihren vier bis zehn Tonnen Gewicht sieben- bis neunmal über die neue Straße – je nach Mischgut. Dann könne kein Wasser mehr eindringen.
Jeder Einbau beginnt mit einer Drohnenbefliegung, um vermessungstechnische Daten zu gewinnen. Diese werden anschließend von der Software ausgewertet – digitale Unterstützung also bereits in der Planungsphase. Für Marc Oßwald, Asphaltbauleiter für diese Maßnahme in Untermarchtal, ist das eine große Erleichterung. Wenn alle wichtigen Daten erfasst sind, errechnet das Programm mit Hilfe von KI, wie viele TeamKollegen und Maschinen be nötigt werden. „Sobald wir in der Umsetzungsphase sind, reagiert das Programm sofort auf Änderungen, zum Beispiel, wenn ein LKW mit Mischgut ausfällt“, erklärt Oßwald. „Digitalisierung im Straßenbau – das können wir bei Storz gut.“ Digitale Technik helfe, klassisches Handwerk zu verbessern; sie unterstütze die Mitarbeiter der Baukolonnen. „Wir können so den Asphalteinbau beschleunigen, weil wir die Abläufe besser im Blick haben und schneller auf Probleme reagieren können“, so Oßwald. Ein weiterer, wichtiger Vorteil: Digitalisierung schafft größtmögliche Transparenz. Alle am Einbau Beteiligten, also auch die Auftraggeber, haben jederzeit Einblick in den Stand der Arbeiten und in sämtliche Daten. Dazu müssten sie noch nicht einmal vor Ort sein.
TA-Asphalt wird zum Standard – besser für Mensch und Umwelt
Digitalisierung spiele im Verkehrswegebau eine immer wichtigere Rolle, sagt Sascha von Au. Vollautomatisierte Straßenbaustellen werde es so schnell in Deutschland allerdings nicht geben. „Dies lassen die Sicherheitsbestimmungen derzeit nicht zu.
Technisch wäre es für bestimmte Maßnahmen schon möglich, und es gab auch schon das eine oder andere Pilotprojekt“, so von Au.
Doch eine Neuerung wird es im kommenden Jahr dennoch geben: Der flächendeckende Einbau von TA-Asphalt wird zum Standard, also von temperaturabgesenktem Asphalt. Bei seinem Einbau werden weniger Dämpfe und Aerosole freigesetzt, was besser ist für Mitarbeiter und Umwelt. Allerdings ist er etwa 30 Grad kühler, was eine deutlich schnellere Verarbeitung erfordert. Und dies bedeutet für die Straßenbauer eine weitere Herausforderung.
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