Dennis Schäuble, Leiter des Unternehmensservice bei der Handwerkskammer Konstanz.
Handwerkskammer Konstanz
Dennis Schäuble koordiniert bei der Handwerkskammer Konstanz die Bearbeitung der Corona-Soforthilfe-Anträge.

Dennis Schäuble im Interview"Wir helfen jedem Betrieb, die Krise zu meistern"

Dennis Schäuble, Leiter des Fachbereichs Unternehmensservice, koordiniert die Bearbeitung der Soforthilfe-Anträge in der Handwerkskammer Konstanz. Gemeinsam mit seinen Kollegen berät er außerdem Betriebsinhaber in der Corona-Hotline zu individuellen Fragen in der Krise.

Herr Schäuble, wie viele Betriebe der Handwerkskammer Konstanz haben mittlerweile einen Antrag auf Soforthilfe gestellt?

Mehr als ein Viertel der Betriebe hat bis Mitte April einen Antrag bei uns eingereicht. Das sind insgesamt 3.831 Anträge – im Durchschnitt über 200 pro Tag. Rund 700 davon befinden sich aktuell noch in der Nachbearbeitung, die restlichen haben wir an die L-Bank übermittelt.

Wie haben Sie sich intern aufgestellt, um die Anträge schnell zu bearbeiten?

Das war eine echte Herausforderung! Wir mussten innerhalb von 48 Stunden einen reibungslosen Ablauf auf die Beine stellen, bei dem alle Anträge so schnell wie möglich bearbeitet werden und keine Anliegen untergehen.

Dazu haben wir ein Corona-Team mit rund 45 Mitarbeitern aus allen Fachbereichen gebildet. Ein Aufgabenteam kümmert sich um die eingehenden Anträge, ein weiteres um die Nachbearbeitung und ein Team von Juristen prüft rechtliche Aspekte. Dann gibt es noch das Hotline-Team, das alle Fragen rund um Corona und den Soforthilfe-Antrag telefonisch beantwortet.

Wie schnell konnten Sie die Anträge bearbeiten?

Alle Anträge, die nach dem 30. März eingereicht wurden, haben wir innerhalb von 24 Stunden bearbeitet. Um das möglich zu machen, hat unser komplettes Team die ersten zwei Wochenenden durchgearbeitet. Zusätzlich haben wir uns in Schichten eingeteilt, um die Corona-Hotline bis 20 Uhr zu öffnen.

Wo hat es bei der Antragsstellung gehakt?

Die größten Probleme gab es bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses. Aber auch bei der Nennung der Gründe für den Antrag auf Soforthilfe haben wir etliche Betriebe unterstützt. Zusätzlich kamen anfangs viele Anpassungen des Landeswirtschaftsministeriums, die wir alle während der Bearbeitung der Anträge berücksichtigen mussten.

Da war die Herausforderung, alle Mitarbeiter auf einen Wissensstand zu bringen – was gar nicht so einfach war, denn wegen der vielen Anfragen hatte kaum einer Zeit, E-Mails zu lesen oder an Videochats teilzunehmen.

Wie läuft es mittlerweile?

Sehr gut. Ich stehe in engem Kontakt mit unserer Hauptgeschäftsführung und tausche mich regelmäßig mit dem Landeswirtschaftsministerium und meinen Kollegen von den anderen Handwerkskammern in Baden-Württemberg aus.

Und ich kann sagen, dass wir eine vergleichsweise hohe Frequenz in der Antragsbearbeitung vorweisen können.

In welchen Gewerken werden besonders viele Anträge auf die Soforthilfe gestellt? 

Das sind vor allem die Betriebe, die wegen der Landesverordnungen schließen mussten, also Friseure, Kosmetik- und Nagelstudios. Aber auch Betriebe, die neben ihren Werkstätten einen Handel oder eine Ausstellung betreiben, befinden sich häufig in einem finanziellen Engpass – von Schreinereien bis zu Elektrobetrieben sind sämtliche Branchen betroffen. Grundsätzlich sind es allerdings eher Kleinbetriebe, die in den letzten Jahren wenig Rücklagen gebildet haben.

Gibt es auch Branchen, in denen der Betrieb einfach weiterläuft?

In den Gewerken des Bauhauptgewerbes, also vom Maurer über den Maler bis hin zu Stuckateuren und Zimmereien läuft der Betrieb weitgehend normal weiter. Allerdings müssen diese Gewerke andere Herausforderungen meistern: Zum Beispiel, wie schütze ich meine Mitarbeiter auf den Großbaustellen oder wie kann ich meine Lieferkette aufrechterhalten?

Wie sieht es in der Corona-Hotline aus – müssen Ihre Mitarbeiter da manchmal auch einfach nur trösten?

Ja, manchmal werden meine Kollegen in der Hotline zu Seelsorgern. Das ist aber verständlich, denn wenn bei einem Betrieb über zwei Wochen lang kein Geld reinkommt, können Sie sich vorstellen, wie die Stimmung ist. Viele Betriebsinhaber sind angesichts der Lage sehr besorgt und oft auch verzweifelt. Da fließen auch mal Tränen.

Keine leichte Aufgabe für Ihr Team, oder?

Wir mussten uns einfinden, sagen wir es so. Meine Kollegen sind ja keine geübten Hotline-Mitarbeiter. Täglich rund 30 Intensiv-Beratungen am Telefon durchzuführen, ist schon eine Herausforderung. Schließlich hat jeder Anrufer individuelle Fragen und ist emotional aufgewühlt. Manche lassen ihrem Frust freien Lauf, manche sind aber auch sehr dankbar und wertschätzend. Insgesamt haben wir viel positives Feedback für unsere Unterstützung erhalten, das freut uns sehr.

Welche Themen kommen in der Hotline zur Sprache?

Anfangs wollten die Anrufer vor allem wissen, was die neuen Verordnungen und Auflagen für ihre Betriebe bedeuten. Oft ging es auch um Fragen zum Antrag auf die Soforthilfe und natürlich um Kurzarbeitergeld. Mittlerweile dreht es sich vor allem darum, wann das Geld auf dem Konto landet.
 

Wie lange kann das regionale Handwerk der aktuellen Situation noch standhalten?

Das hängt von dem Betrieb ab – beispielsweise, ob kürzlich groß investiert wurde und wie es um die Rücklagen bestellt ist. Viele Betriebe haben in den vergangenen Jahren aber gut gewirtschaftet und werden die Krise meistern. Problematisch ist es, wenn zu wenig Erspartes auf dem Konto liegt. Dann können Betriebe den finanziellen Ausfall auch nicht mehr durch Mehrarbeit ausgleichen, und es kann schon nach vier Wochen kritisch werden. Wenn die Situation weiter anhält, werden manche Betriebe sicherlich schließen müssen.

Was raten Sie den Handwerksbetrieben in dieser Situation? 

Die Betriebe sollten sich auf jeden Fall an die Handwerkskammer wenden. Wir helfen jedem, die Krise zu meistern.

Wichtig zu wissen ist, dass viele Betriebe durch Anpassungen des Landeswirtschaftsministeriums Anspruch auf höhere Zuschüsse haben. Beispielsweise werden Privat- und Geschäftsvermögen mittlerweile nicht mehr in die Berechnung des Anspruchs einbezogen. Das bedeutet, dass Betriebe, die gleich zu Beginn einen Antrag auf Soforthilfe gestellt hatten, die Differenz zur höheren finanziellen Unterstützung jetzt mit der Bundeshilfe ausgleichen können.

Wer dazu Fragen hat, sollte einfach die Corona-Hotline anrufen. Auch Betriebe, die noch keine Rückmeldung von uns oder noch kein Geld erhalten haben, sollten sich unbedingt mit uns in Verbindung setzen.

Offiziell können Soforthilfe-Anträge noch bis zum 31. Mai 2020 eingereicht werden.