BootsbauerhandwerkSommer, Sonne, Segel setzen

25.08.2025: Für Bootsbauermeister Josef Martin aus Radolfzell ist der Bodensee nicht nur Heimat, sondern auch Werkstatt und Inspirationsquelle. Segeln gehört für ihn zum Beruf dazu, damit man die Boote versteht. 

Josef Martin in seiner Werkstatt.
HWK KN / Julia Kipping
Josef Martin in seiner Werkstatt.

Das Leben von Josef Martin ist eng mit Booten und dem Bodensee verbunden. „Als ich die Augen aufgemacht habe, habe ich Boote gesehen“, beschreibt der Bootsbauermeister aus Radolfzell seine Wurzeln. Aus dieser frühen Prägung ist eine tiefe Liebe geworden. In den Werfthallen auf der Mettnau entstehen edle Holzboote, die auf allen Meeren der Welt unterwegs sind. Meist sind es Segelboote, die der 75-jährige an seinem Schreibtisch entwirft. Hier entstehen die Baupläne für die begehrten Liebhaberstücke noch per Hand mit Blick auf den Bodensee.

Vor allem jetzt im Sommer zieht es ihn aufs Wasser. „Segeln lenkt mich ab. Ich bin dann in einer anderen Welt und kann den Betrieb und die Sorgen hinter mir lassen“, beschreibt Josef Martin die Bedeutung des Sports für ihn. Auf der selbstgebauten Segelyacht packt ihn der Ehrgeiz. „Ich liebe es mit Wind, Wasser und Segeln zu spielen und durch den richtigen Trimm das Beste aus dem Boot herauszuholen.“ Wichtig ist ihm dabei aber auch die richtige Mannschaft. Wenn es zur Regatta geht, besteht diese auf der großen Segelyacht aus 16 Personen. „Für harmonisches Segeln muss das Team stimmen“, sagt Martin, der als Steuermann die Kommandos gibt.

Anspruchsvolle Schönheiten

Anspruchsvoll ist der Bootsbauermeister auch bei der Arbeit. Um die 90 Holzboote wurden bislang in der Werft gebaut – Segelyachten, Motorboote und Rudergundeln. Das größte war an die 20 Meter lang. Dabei geht Martin immer auf die Kundenwünsche ein. „Meine Kunden kommen zu mir, weil sie sich den Traum von einem Boot erfüllen wollen, das genau ihren Vorstellungen entspricht. Deshalb ist jedes Boot ein Unikat und eine neue Herausforderung“, sagt Martin. Eineinhalb bis zwei Jahre dauert es etwa, bis es eine Segelyacht vom Papier aufs Wasser schafft. Eine wichtige Bedingung: „Ich baue nur schöne Boote.“

Bootsbauer Josef Martin an seinem Zeichentisch.
HWK KN / Julia Kipping
Am Zeichentisch werden die Ideen aufs Papier gebracht: Josef Martin entwirft die Holzboote selbst.



Getrieben von Perfektionismus und Ästhetik entstanden zahlreiche Schmuckstücke, immer aus Holz, meist Mahagoni. Edel glänzende Oberflächen und weiße Segel lassen jedes Seglerherz höherschlagen, ebenso die Fahreigenschaften auf dem Wasser. „Ein Bootsbauer muss Segler sein“, sagt Josef Martin. „Nur wenn er Wind, Wetter und Wasser versteht, kann er seine Kunden richtig beraten.“

Deswegen bekommen die Auszubildenden bei der Martin-Werft die Segelstunden auch gleich mit. „Bei mir gibt es die Überbetriebliche Ausbildung als Mannschaft an Bord“, so Martin, der im Juli zwei Auszubildende mit auf einen Zehn-Tages-Törn auf der Ostsee in Dänemark mitgenommen hat. Der Bootsbauermeister schätzt, dass er in seinem Handwerkerleben an etwa 140 Auszubildende sein Wissen weitergeben hat, in der Werfthalle und auf dem Wasser.

Mit 24 Jahren Werftsinhaber

Schon als Kind war Josef Martin immer zwischen den Booten und segelnd auf dem See unterwegs. Sein Vater Joseph Martin Senior hat die Werft 1931 gegründet. Das Wohnhaus befindet sich noch heute auf dem Werftgelände. „Für meinen Vater war klar: Der Bub wird Bootsbauer“, erzählt Martin. Doch die Karriere war kein Selbstläufer. Noch während der Ausbildung in Friedrichhafen verstarb sein Vater. Mit 24 Jahren und einem Meistertitel in der Tasche übernahm Josef Martin Junior 1974 die Werft, die seine Mutter bis dahin kommissarisch geführt hatte.

Auch heute ist der Betrieb noch in Familienhand. Ehefrau Silke, selbst gelernte Bootsbauerin und studierte Betriebswirtin, organisiert das Büro. Sohn Sven machte nach der Bootsbauerlehre seinen Bachelor in Schiffsbau und unterstützt nun in der Werkstatt. In der Werft werden neben dem Neubau auch Boote restauriert und wieder instandgesetzt. Das mache zusammen mit der Vermietung der Liegeplätze etwa 50 Prozent der Aufträge aus, so Martin. Die wirtschaftliche Situation sei momentan schlechter, denn große Investitionen lägen bei den meisten momentan auf Eis.

In seinem Büro blickt Martin auf einige Modelle der Boote, die er gebaut hat. Einen 100-Quadratmeter-Seefahrtskreuzer, 75er- und 40er-Schärenkreuzer, 6mR-, 8mR- und 12mR-Yachten – alle von einem Modellbauer nachgebaut und in Glaskästen präsentiert sowie unzählige Halbmodelle der von ihm gezeichneten sowie gebauten Segelyachten. Unter den Standmodellen gibt es einen ganz besonderen Schatz: Das Modell eines 40er-Schärenkreuzers Baujahr 1923. Das Wrack davon wartet in einer der Werfthallen. Martin träumt davon, es wieder zum Leben zu erwecken und auf dem Bodensee bis an die Grenzen zu testen.

Die Ausbildung zum Bootsbauer

Bootsbauerinnen und Bootsbauer planen, bauen, warten und reparieren Boote – vom Rumpf bis zur Bordelektronik. Wer den Beruf ergreift, braucht handwerkliches Geschick, Gespür für Formen und Materialien sowie körperliche Fitness. Die Ausbildung dauert 3,5 Jahre, wird dual im Betrieb und in der Berufsschule in Lübeck ausgebildet. In der Ausbildung wird alles von der Verarbeitung moderner Werkstoffe über den Einbau von Technik bis hin zu Teamarbeit und Kundenorientierung vermittelt.

Infos zum Bootbauerberuf sowie zu anderen handwerklichen Ausbildungen gibt es auch unter www.handwerk.de sowie in unserem Berufe A-Z.