Experten-InterviewSo tickt die Generation Z
14.10.2025: In der Bildungsakademie Singen gab der renommierte Generationenexperte Felix Behm spannende Einblicke in Welt der Generation Z. Im Interview erläutert er, worauf Handwerksbetriebe achten sollten, wenn sie mit Azubis aus der Gen Z arbeiten.

Rund 60 interessierte Besucher aus dem Handwerk waren zum Vortrag von GenZ-Experte Felix Behm in die Bildungsakademie Singen gekommen. Organisiert hatte die Veranstaltung Ausbildungsbegleiterin Alexandra-Hagen-Ettl (links).
In der Bildungsakademie Singen gab Speaker Felix Behm spannende Einblicke in Welt der Generation Z. Mehr als 60 Besucher kamen zu dem Vortrag des renommierten Generationenexperten. Im Interview erläutert Felix Behm, worauf Handwerksbetriebe achten sollten, wenn sie mit Azubis aus der Gen Z und bald auch aus der Generation Alpha arbeiten.
Herr Behm, Sie beraten seit Jahren Unternehmen zum Umgang mit der jungen Generation. Wo machen Betriebe Ihrer Erfahrung nach die größten Fehler in der Kommunikation mit der Gen Z?
Viele nutzen noch Kommunikationswege, die junge Leute längst nicht mehr verwenden. Ein Beispiel: das Telefon. Wenn Bewerber angerufen werden, nehmen viele gar nicht mehr ab. Telefonieren ist für die Generation Z und auch für die Generation Alpha etwas, das man nur im Notfall macht. Wer mit Azubis oder jungen Fachkräften im Kontakt bleiben möchte, muss andere Kanäle nutzen: WhatsApp, Instagram oder auch TikTok. Dort informieren sich Jugendliche heute.
Was ist das Besondere an der Gen Z?
Sie ist in vielen Punkten gar nicht so anders als wir. Aber: Sie spricht Dinge offen an, die frühere Generationen oft nur gedacht haben. Sie fordert gerechtere Arbeitszeiten, faire Bezahlung, Arbeitsplätze mit Sinn. Dazu kommt eine enorme digitale Affinität. Die jungen Menschen fragen sich: „Warum muss ich diese Aufgabe erledigen? Kann man das nicht digitalisieren?“ Diese Haltung wirkt manchmal unbequem, ist aber sehr wertvoll für Betriebe.
Viele Handwerksmeister sagen: Früher musste man sich durchbeißen – heute wollen die Jungen gleich alles hinterfragen. Wie passt das zusammen?
Das stimmt. Aber wir dürfen nicht vergessen: Die Erziehung hat sich verändert. Vor 20, 30 Jahren wurden Kinder autoritär erzogen, heute können sie bei vielem mitbestimmen. Wenn junge Menschen dann in eine Arbeitswelt kommen, die noch stark hierarchisch geprägt ist, entsteht ein Bruch. Denn ihre Haltung ist: „Du musst froh sein, dass ich hier bin – und ich habe auch eigene Ideen.“ Für Betriebe heißt das: mitreden lassen, Feedback geben, Wertschätzung zeigen. Das wirkt Wunder.
Wertschätzung ist für die Gen Z also besonders wichtig?
Absolut. Wer in einer „Like-Kultur“ groß wird, in der Anerkennung in Form von Herzchen und Daumen hoch passiert, braucht auch im Berufsalltag Rückmeldungen. Und zwar nicht nur dann, wenn etwas schlecht läuft. Junge Menschenbrechen ihre Ausbildung ab, weil sie nicht wissen, ob sie ihre Arbeit gut machen – und keine Wertschätzung erfahren. Ein kurzes Feedback zwischendurch reicht oft schon.
Haben Sie ein Beispiel aus dem Handwerk, wo das gut funktioniert?
Ja, der Schreinermeister Mario Suske aus Villingen-Schwenningen macht das sehr gut. Bei ihm gibt es jede Woche ein halbstündiges Erfolgsmeeting: Was lief gut, wer hat was geleistet? Und es wird auch mal einfach Danke gesagt. Die Fluktuation im Betrieb ist extrem niedrig. Das zeigt: Feedback-Kultur und Wertschätzung binden Azubis.
Ein hartnäckiges Vorurteil ist, dass die Gen Z faul sei. Stimmt das?
Nein. Es gibt junge Menschen, die mit Wohlstand aufgewachsen sind und sich fragen: „Muss ich überhaupt hart arbeiten?“ Gleichzeitig sind viele verunsichert: „Wozu schuften, wenn ich mir ohnehin nie ein Haus leisten kann?“ Aber von „faul“ zu sprechen, ist falsch. Ich sehe viele, die extrem motiviert sind, etwas zu verändern – sie wissen nur nicht immer, wie oder wo. Deshalb brauchen sie Orientierung.
Ab 2026 kommt mit der Generation Alpha die nächste Schülergeneration in die Ausbildung. Was wird sich ändern?
Zunächst nicht viel. Aber Themen wie Künstliche Intelligenz und ChatGPT werden diese Generation stark prägen – sie wachsen mit solchen Tools ganz selbstverständlich auf. Gleichzeitig erleben sie von klein auf globale Krisen wie Klimawandel, Rentenunsicherheit und Kriege. Das führt dazu, dass sie noch stärker nach Sinnhaftigkeit suchen: Sie wollen mit ihrer Arbeit etwas bewegen, Verantwortung übernehmen und einen Beitrag leisten. Betriebe sollten darauf vorbereitet sein, diesen Wunsch ernst zu nehmen und jungen Menschen zu zeigen, warum ihre Arbeit wichtig. Davon kann auch das Unternehmen profitieren, wenn es bereit ist, bestehende Strukturen kritisch zu hinterfragen und zu ändern.
Ihr Tipp für Handwerksbetriebe, die heute und in Zukunft Azubis gewinnen möchten?
Die wichtigste Botschaft lautet: Junge Menschen sind nicht schwieriger, sondern anders – und das ist gut so. Wer ihnen zuhört, regelmäßig Feedback gibt und offen für ihre Ideen ist, gewinnt motivierte Nachwuchskräfte. Und gerade das Handwerk hat gute Voraussetzungen: Es bietet sichere Arbeitsplätze, Sinnhaftigkeit und arbeitet in vielen Bereichen längst mit modernen Technologien. Wichtig ist, dass Betriebe das auch zeigen – dann verstehen Jugendliche schnell, dass das Handwerk Zukunft hat.
Zur Person
Felix Behm, Jahrgang 1986, ist Keynote Speaker, Bestseller-Autor und Experte für die Generation Z. Seit über zehn Jahren beschäftigt er sich mit den Erwartungen junger Berufseinsteiger. Als Berufsorientierungscoach und ehemaliger Ausbildungsleiter im Gesundheitswesen unterstützt er Unternehmen dabei, junge Talente zu gewinnen und zu binden. Er ist Autor des Bestsellers „Generation Z – Ganz anders als gedacht“ und wohnt in Radolfzell.