Brauermeister Rolf Schittenhelm befeuert den Heizkessel in seiner Brauerei in Flözlingen.
Stefanie Siegmeier

Nachhaltigkeit im HandwerkMit regionalen Rohstoffen zu purem Genuss

 Bereits morgens um 7 Uhr herrscht in der Hirschbrauerei in Zimmern-Flözlingen geschäftiges Treiben. Heute ist Brautag, und da gibt es eine ganze Menge zu tun. In der Brauerei, die über Jahrzehnte kleinste gewerbliche Brauerei Deutschlands war, ist – ganz nach der mittlerweile fast 230-jährigen Familientradition – Handarbeit angesagt. Denn der Braukessel wird noch mit Holz befeuert. „Weichholz eignet sich hier am besten“, erklärt Rolf Schittenhelm, Brauer- und Mälzermeister, und Chef der Brauerei. Große Holzscheite und kleinere Stücke liegen bereit, „denn im Brauprozess kommt es auf jedes Grad an“, erklärt er weiter, während er das Feuer überprüft und die Temperaturanzeige am Braukessel genau im Blick behält.

Ausbildung am Braukessel

Unterstützt wird Rolf Schittenhelm von seinem Azubi Simon Büker. Der 30-Jährige, der zuvor bei einem Energieversorger bei Freiburg gearbeitet hat, hat bereits einige Jahre hobbymäßig Bier gebraut. Nun gab er seinen Job auf, um mit einer handwerklichen Lehre ganz neu zu beginnen und sich damit einen Traum zu erfüllen. „Vielleicht mache ich ja mal eine eigene Brauerei auf, mal sehen, was sich ergibt“, sagt er, während er die Leiter zum Braukessel hochsteigt und einen prüfenden Blick hineinwirft.

Nachhaltigkeit und Regionalität spielen im Betrieb von Rolf Schittenhelm eine große Rolle. Und das Bierbrauen, oder auch das Schnapsbrennen, sind hierfür wahre Paradebeispiele. Denn lange Wege gibt es bei Rolf Schittenhelm nicht. Das Wasser gibt’s vor Ort, das Obst für seine Brennerei auch, der Hopfen kommt aus Tettnang und auch das Malz stammt aus dem Ländle. Der überwiegende Anteil des Bieres wird in der hauseigenen Brauereigaststätte verkauft, zudem beliefert Schittenhelm die Vereine und weitere Gastronomiebetriebe der Region mit seinem Bier. „Mit Flaschenbier ist leider nix verdient“, sagt er. „Dass man aus so einfachen und wenigen Rohstoffen ein so tolles Produkt herstellen kann, und die Produktion vom Beginn bis zum fertigen Produkt begleiten kann, das begeistert mich“, schwärmt Simon Büker.

Bierbrauen ohne Computertechnik

Bierbrauen ist – zumindest in der Flözlinger Brauerei – echtes Handwerk von Anfang bis Ende, Computertechnik gibt’s hier nicht. „Wenn man sich nicht konzentriert und die Prozesse genau begleitet, wird das Bier nichts“, weiß Schittenhelm, denn Enzyme wollen die richtige Temperatur haben, der Hopfen zum Auslösen der Bitterstoffe ebenfalls. Wenn Würze und Hopfen „zu kalt“ kochen, dann bekommt das Bier keinen ordentlichen Geschmack.

„Gekocht“ wird in Flözlingen über Holzfeuer – wie auch schon 1793, dem Gründungsjahr der Brauerei. Und bei Holzfeuer ist es schwierig, eine konstante Temperatur zu halten – wer einen Ofen hat, weiß das nur allzu gut. Nach dem Kochen wird das „Gebräu“ dann in den Gärkeller gepumpt und auf etwa acht Grad heruntergekühlt – die Temperatur hängt von der Biersorte ab. Das Abkühlen ist notwendig, da die Brauhefen höhere Temperaturen gar nicht überleben würden. „Unsere Hefen gären bis zwei Grad“, erklärt Rolf Schittenhelm.

Brauerei von Personalnot betroffen

Zweimal pro Woche wird im Sommer in Flözlingen gebraut, im Winter einmal, etwa 1000 Liter pro Durchgang. Und je nach Jahreszeit gibt es dann neben dem Flözlinger Spezial auch Hefeweizen, Halbdunkles und natürlich Bockbier. Momentan reift gerade das Kirbebier, und demnächst steht bereits das Weihnachtsbier auf dem Brauplan.

Dennoch plagen Rolf Schittenhelm auch Sorgen, denn für die Brauereigaststätte fehlt Personal. „Ich musste kürzlich den Biergarten geschlossen lassen, weil ich kein Personal hatte. Und das zur besten Biergartenzeit in der Hauptsaison“, schildert er die Situation. Denn im Sommer sei es wichtig, ein finanzielles Polster für den eher ruhigen Winter anzulegen.

Ab November reist Rolf Schittenhelm dann, wie jedes Jahr, um die Welt, um Brauereien im Ausland zu beraten, denn sein Wissen ist weltweit gefragt. Sogar in China hat er bereits Brauereien eingerichtet und Personal geschult. „Das macht eine Menge Spaß und man bekommt viel mit“, sagt er. Und im nächsten Jahr wird dann das große Jubiläum gefeiert – mit Jubiläumsbier natürlich.