Innenhof der Bildungsakademie Singen mit Wasserbecken im Sonnenschein.
Christoph Nadler @ Aufwind Gmbh

Interview mit Karin Marxer, Leiterin der Bildungsakademie Singen"Wir dürfen nicht müde werden, für das Handwerk zu werben"

Frau Marxer, seit zehn Jahren gibt es den schmucken Neubau der Bildungsakademie Singen mittlerweile. Unzählige Auszubildende, Meisterschüler und Co. Gehen hier tagtäglich ein und aus, um ihre berufliche Zukunft zu gestalten.

Was ist Ihnen wichtig für Ihr Haus? Worauf legen Sie besonders großen Wert?

Mir ist es sehr wichtig, ein offenes, kundenorientiertes Haus zu sein, in dem sich alle wohlfühlen und gerne lernen und arbeiten.
 

Wie hat sich die Arbeit der Bildungsakademie in den zehn Jahren ihres Bestehens verändert?

Die rasante Entwicklung der Digitalisierung zeigt sich auch in unserer Bildungsstätte sehr stark. Die Coronapandemie hat die Umsetzung nochmals drastisch beschleunigt. Wir mussten innerhalb kürzester Zeit Inhalte und Unterricht digital anbieten. Das ist uns gut gelungen und kann sich durchaus sehen lassen. Wir sind hier aber noch längst nicht am Ende.

Auch unsere Werkstätten werden stetig weiterentwickelt, um am Puls der Zeit zu sein. Das kann man besonders gut an der Entwicklung des Kfz-Gewerbes sehen, wo es neben Hybridfahrzeugen, Elektrofahrzeugen nun sogar schon um autonomes Fahren oder um wasserstoffbetriebene Fahrzeuge geht. Schon, um hier die neuesten Entwicklungen bieten zu können und attraktiv zu bleiben, müssen wir vorne dran sein. Übrigens gilt diese Weiterentwicklung nicht nur für das technische Equipment, sondern auch für unsere vielen Lehrmeister, die das wunderbar leisten.

Werden digitale Inhalte auch nach der Pandemie weiterverfolgt?

Auf jeden Fall. Blended Learning und Online-Kurse spielten vor zehn Jahren nur eine kleine Rolle und gehören heute zum Alltag. Der klassische Präsenzunterricht wird nun wie selbstverständlich mit digitalen Methodenkompetenzen wie Online-Lernplattformen, Tutorials, digitalen Tests etc., attraktiv ergänzt. Und auch die Kursteilnehmer lernen nun digitaler.

Die Digitalisierung ist allerdings nicht nur in den Kursen an sich eingekehrt, sondern auch in der Verwaltung und der Kursorganisation. Insgesamt eine sehr gute Entwicklung.

Kommen wir mal zu den Zahlen: Wie haben sich die Ausbildungszahlen verändert?

Unsere Zahlen sind über die Jahre sehr stabil, was uns natürlich sehr freut. Vor allem die Bereiche Kfz, SHK und Elektro sind sehr stark. Dies sind auch sehr zukunftsfähige Berufe – durch die geplante Energiewende werden diese Handwerksberufe zu „Energiewendeberufen“. Generell gilt, dass Auszubildende in den Betrieben gesucht werden – in unserer Bildungsstätte dürften es insbesondere noch mehr Auszubildende in der Feinwerkmechanik und bei den Klempnern sein.

Wie sieht es bei den Weiterbildungsangeboten aus?

Wir haben ein breites Angebot an kaufmännischen und technischen Weiterbildungen – von eintägigen Kursen über die Meistervorbereitung bis hin zum Betriebswirt.

Unter anderem haben wir auch viele Kurse AZAV-zertifiziert. Damit bieten wir unseren Betrieben den Vorteil, dass sie sich durch die Förderung der Agentur für Arbeit im Rahmen des „Qualifizierungschancengesetz“ die Lehrgangskosten sowie die Lohnkosten teilweise fördern lassen können. Je nach Größe des Betriebes bis zu 100% der Kosten. Besonders gefragt ist hier der SHK-Kundendiensttechniker sowie unsere Schweißkurse. Das ist eine super Sache.

Was ist das Besondere an der Bildungsakademie in Singen?

Vorneweg natürlich die Menschen – das Team ist hochmotiviert und ganz besonders unsere Ausbildungsmeister, die mit Begeisterung und Stolz für ihren Beruf brennen. Dann die moderne Ausstattung der Werkstätten und natürlich unser schönes Gebäude – offen, hell und ansprechend. Es macht Spaß, hier zu sein und hier zu lernen.

Wie sind Ihre Strategien in Singen, wieder mehr Leute für das Handwerk zu begeistern?

In Singen haben wir einen Standort mit einem starken Netzwerk. Singen aktiv organisiert mit der Singener Handwerkerrunde, dem Rektorat der Singener Schulen, der Handwerkskammer Konstanz, der Agentur für Arbeit, dem Gesamtelternbeiratsvorsitzenden und der Koordinationsstelle „Schule und Wirtschaft der Stadt Singen“ einmal im Jahr den „Tag des offenen Handwerks“. Über 40 Betriebe bieten rund 450 Schülern aus allen Schularten den Einblick in die Berufe und damit eine Vision wie ihr späteres Berufsleben aussehen könnte.

In der Bildungsakademie Singen selbst freuen wir uns, dass wir für rund 250 Schülerinnen und Schüler pro Jahr die zweiwöchige Berufsorientierung anbieten können, in der mindestens vier Berufe kennengelernt und praktisch erlebt werden können.

Wie möchten Sie die Bildungsakademie in die Zukunft führen?  

Es ist unglaublich wichtig, stets den kundenorientierten Blick zu behalten und flexibel mit den Herausforderungen der Zeit umzugehen. Der stetige Wandel ist im Fokus.

Ich wünsche mir, dass wieder mehr junge Menschen den Weg in die Handwerksberufe finden und auch an den Schulen bekannter wird, dass das Handwerk so viele Karrieremöglichkeiten bietet – ich werde nicht müde zu betonen, dass die jungen Menschen mit einer Meisterausbildung automatisch die allgemeine Hochschulreife haben und dies für so manchen Schüler der attraktivere Bildungsweg wäre.

Portrait von Karin Marxer, Leiterin der Bildungsakademie Singen
HWK KN / Inka Reiter