Junge Bäckerin mit Backblech voller Brötchen lächelt in die Kamera.
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Konjunkturbericht 2. Quartal 2023Handwerk mit Auftragsplus

Das Handwerk in den Landkreisen Waldshut, Rottweil, Tuttlingen, Konstanz und im Schwarzwald-Baar-Kreis freute sich im zweiten Quartal des laufenden Jahres über eine kräftige Belebung. Damit stemmte es sich gegen die in Deutschland schwache konjunkturelle Entwicklung. Das geht aus der aktuellen Konjunkturbefragung der Handwerkskammer Konstanz hervor. In die Zukunft blicken die Handwerker abwartend. Gut 78 Prozent rechnen mit einer gleichbleibenden Entwicklung. In Summe verbesserte sich der Konjunkturindikator der Handwerkskammer Konstanz auf +34,4 Punkte gegenüber dem Vorjahr.

„Das sind gute Nachrichten für das Handwerk“, freut sich Werner Rottler, Präsident der Handwerkskammer Konstanz über die positive Entwicklung. In der vierteljährlichen Umfrage unter den Mitgliedsbetrieben bezeichneten 76,2 Prozent der Befragten die Geschäftslage als „gut“. Das war ein deutlich höherer Anteil als im Vorjahresquartal (68,6 Prozent). Nur wenige Betriebe meldeten eine schlechte Geschäftslage (1,4 Prozent).

Handwerksleistungen gut nachgefragt

„Unsere Umfrage zeigt, dass der Bedarf an Handwerkern nach wie vor groß ist. Das stärkt unseren Mitgliedern den Rücken und belohnt sie fürs Durchhalten“, so Rottler. Corona und der Ukraine-Krieg hätten Handelsketten durcheinandergewirbelt und die Preise in die Höhe getrieben. „Das aufzufangen, war für viele Betriebe eine riesige Herausforderung.“ 



Abdullah Kilicdere, Geschäftsführer von Kili-Bau.
Abdullah Kilicdere
Abdullah Kilicdere, Geschäftsführer der Kili-Bau GmbH aus Seitingen-Oberflacht.



Angst die Krisenzeiten nicht zu überstehen, hatte auch Abi Kilicdere, Geschäftsführer der Kili-Bau GmbH aus Seitingen-Oberflacht im Landkreis Tuttlingen. „Die Preissteigerungen bei Baumaterial im vergangenen Jahr haben uns fast das Genick gebrochen“, sagt er. Doch die Krise scheint nun überwunden: „Unsere Auftragslage ist so gut, dass wir nicht alle Aufträge annehmen können.“

Das geht auch anderen regionalen Betrieben so. Insgesamt verbesserte sich die Auftragslage. Mehr als jeder dritte befragte Betrieb meldete steigende Auftragseingänge, 16,6 Prozent der Befragten einen rückläufigen Auftragsbestand. Insgesamt entwickelte sich die Auftragslage im Kammerbezirk aber positiver als der Handwerksdurchschnitt Baden-Württembergs.



„Dass unsere Betriebe einen höheren Auftragsbestand haben als der Durchschnitt in Baden-Württemberg, zeigt einmal mehr, wie stark die Wirtschaftsregion zwischen Bodensee, Hochrhein und Schwarzwald-Baar-Heuberg ist“, betont Kammerpräsident Werner Rottler.



Betriebe müssen flexibel auf neue Herausforderungen reagieren

Über 28 Prozent der Kammermitglieder arbeiteten im zweiten Quartal über ihre Kapazitätsgrenzen hinaus, fast die Hälfte ist zwischen 80 und 100 Prozent ausgelastet. Auch hier steht die Region im Vergleich zum gesamten Land besser da (21 Prozent über 100 Prozent Auslastung). Eine zu geringe Auslastung (bis zu 60 Prozent) meldeten nur fünf Prozent der Betriebe.

Kilicdere hat sich den geänderten Marktbedingungen angepasst. Denn die privaten Baugenehmigungen sind deutlich eingebrochen. „Der private Wohnungsbau hat vor dem Zinsanstieg rund 60 Prozent unserer Aufträge ausgemacht, heute sind es nur noch 35 Prozent“, sagt er. „Aktuell sanieren wir hauptsächlich - vor allem in der Industrie.“ Gerade als kleinerer Betrieb mit fünf Vollzeitangestellten sei es wichtig, sich dem Markt anzupassen. „Wir haben jetzt auch Gerüstbau im Portfolio, weil Sanierungen immer wichtiger werden.“

Georg Hiltner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Konstanz hofft, dass sich auch andere Kammermitglieder der veränderten Nachfrage anpassen können. „Die Zinswende bekommen die Handwerksbetriebe zu spüren“, warnt er. „Die positive Stimmung zieht sich nicht durch jeden Betrieb.“ Und schon fürs nächste Quartal rechnen die Handwerker laut Umfrage damit, dass sich die Auftragslage abschwächt. Dabei trifft der erhöhte Fachkräftebedarf die Betriebe in der Region. Er sorge dafür, dass diese nicht unter maximaler Auslastung arbeiten könnten, mahnt Hiltner.



Getrübt ist die Stimmung zum Beispiel im Bäckerhandwerk. Martin Gehrt, Geschäftsführer des Backhaus Holstein Heimatliebe in Allensbach, hat mit den gestiegenen Lohn- und Rohstoffkosten sowie den höheren Energiepreisen zu kämpfen. „Wir können die Verkaufspreise nur bedingt erhöhen. Das Geld sitzt bei vielen nicht mehr so locker, obwohl die Kunden unsere Dienstleistungen und Produkte schätzen.“ Die gestiegenen Kosten versuche die Bäckerei durch ein kleineres Sortiment sowie neue energiesparende Maschinen aufzufangen. Fehlende Fachkräfte trüben die Stimmung von Martin Gehrt trotzdem massiv. „Es gibt immer weniger Menschen, die diese Berufe ausüben wollen.“

Deswegen versuche der Betrieb die Arbeitszeiten von der Nacht in den Tag zu legen, um den Beruf attraktiver zu machen. „Trotz allem schauen wir positiv in die Zukunft und werden uns den geschilderten Herausforderungen stellen“, sagt Gehrt.

Martin Gehrt, Geschäftsführer des Backhaus Holstein Heimatliebe, hinter dem Verkaufstresen in Allensbach.
Martin Gehrt
Martin Gehrt, Geschäftsführer des Backhaus Holstein Heimatliebe in Allensbach.



Insgesamt lassen die Geschäftserwartungen im Handwerk eine Abschwächung der Geschäftslage vermuten. Insbesondere das Bauhauptgewerbe und das Ausbaugewerbe rechnen mit einer Lageverschlechterung. Unverändert sind hingegen die leicht positiven Geschäftserwartungen im Handwerk für den Gewerblichen Bedarf. Deutlich pessimistischer als vor Jahresfrist sind die Erwartungen im Kfz-Gewerbe, die mit einer Abschwächung rechnen.

 

Ausführlicher Konjunkturbericht für das 2. Quartal 2023 x