Corona-KriseFriseur-Ausbildung unter erschwerten Bedingungen
Über 1.000 Friseurbetriebe gibt es im Bezirk der Handwerkskammer Konstanz, die aufgrund der aktuellen Corona-Verordnung geschlossen bleiben müssen. „Das ist eine schwierige Situation, die nach dem ersten Lockdown im Frühjahr die Branche erneut existenziell trifft – und damit auch die mehr als 300 Nachwuchsfriseurinnen und -friseure, die in der Region ausgebildet werden“, sagt Werner Rottler, Präsident der Handwerkskammer Konstanz.
Einer der Betroffenen ist Angelo Sciammacca, Obermeister der Friseurinnung Rottweil mit Salon in Villingendorf. Sciammacca hat derzeit drei Auszubildende, die er trotz Corona-Krise zu einem erfolgreichen Abschluss bringen möchte. „Ohne Praxis geht das natürlich nicht, daher üben unsere Auszubildenden auch im geschlossenen Betrieb. Meistens geht das am Medium, ansonsten können im Notfall auch Haushaltsmitglieder als Modelle herangezogen werden“, erläutert der Friseurmeister. Um die Praxiseinheiten zu entzerren, hat er einen Plan für die Auszubildenden aufgestellt, die im Wechsel im Salon üben können. „Die Situation ist gerade für die Auszubildenden, die vor den Prüfungen stehen, nicht einfach. Aber sie freuen sich, dass sie überhaupt etwas machen können“, so Sciammacca. Der Theorieunterricht an der Berufsschule findet derzeit online statt.
Staatliche Hilfen zur Ausbildungsvergütung oft nicht bekannt
Finanziell steht der Salon Angelo wie alle anderen Friseursalons vor großen Herausforderungen. „Für die Januarhilfen kann man noch keinen Antrag stellen und viele Kollegen warten noch auf die Auszahlungen der November- bzw. Dezemberhilfen“, so der Unternehmer. Die Verunsicherung führe auch dazu, dass Friseure bei der Ausbildung zurückhaltender würden.
Für seine zwölf Mitarbeiter hat Sciammacca Kurzarbeit angezeigt. Für Marie, seine Auszubildende im ersten Lehrjahr, hat er zu Beginn des Ausbildungsjahres die Ausbildungsprämie aus dem Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ erhalten. Zusätzlich hat er Anspruch auf Bundeszuschüsse von 75 Prozent zur monatlichen Ausbildungsvergütung für alle drei Auszubildenden.
„Viele Unternehmen wissen nichts von diesen Zuschüssen, die bei der Arbeitsagentur beantragt werden können“, merkt Kammerpräsident Rottler an. „Bisher haben bei uns lediglich zwanzig Betriebe nach der Ausbildungsbescheinigung gefragt, die für den Antrag auf Ausbildungsvergütungszuschuss notwendig ist. Das wundert uns, denn aufgrund der angeordneten Schließung steht dieser theoretisch allen ausbildenden Friseursalons zu“, so Rottler.
Auch bundesweit hält sich der Ansturm auf die Ausbildungszuschüsse nach Aussagen der Bundesagentur für Arbeit in Grenzen. Der Handwerkskammer ist es daher wichtig, verstärkt auf die Unterstützungsmöglichkeit hinzuweisen. „Wir müssen alle ein Interesse daran haben, dass wir auch in den kommenden Jahren gut ausgebildete Fachkräfte vorfinden. Durch Corona darf es keinen massiven Ausbildungsknick geben“, sagt Werner Rottler.
Angelo Sciammacca wird den Antrag auf Zuschuss zur Ausbildungsvergütung jedenfalls die Tage in Angriff nehmen und hofft, dass seine Auszubildenden trotz der Widrigkeiten eine erfolgreiche Gesellenprüfung ablegen können.
Zuschuss zur Ausbildungsvergütung beantragen
Wenn ein Unternehmen aufgrund der Corona-Krise Kurzarbeit anzeigt, aber einen Arbeitsausfall bei den Auszubildenden vermeidet, kann es einen Zuschuss zur Ausbildungsvergütung erhalten. Er beträgt 75 Prozent der Ausbildungsvergütung und wird für jeden Monat gezahlt, in dem der Betrieb einen Arbeitsausfall von mindestens 50 Prozent angezeigt hat.
Anträge können bis 30. Juni 2021 bei der zuständigen Agentur für Arbeit gestellt werden. Die Antragsunterlagen stehen auf der Webseite Zuschuss zur Ausbildungsvergütung zur Verfügung.
Weitere Informationen, auch zu den anderen Hilfen im Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“