Malermeister Joachim Würstl testet mit erhobener Bohrmaschine ein Exoskelett, das er wie einen Rucksack trägt.
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Der Malermeister Joachim Würstl aus Villingen-Schwenningen testet ein Exoskelett, das bei der Über-Kopf-Arbeit entlastet.

Robotik im HandwerkExoskelette entlasten und unterstützen

Sie können einem die Arbeit erleichtern - Exoskelette entlasten und unterstützen den Körper etwa beim Bohren, Malen und Heben. Einen Einblick in die noch junge Technologie gab Urs Schneider, Abteilungsleiter Biomechatronische Systeme am Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart, interessierten Handwerksbetrieben in der Bildungsakademie Singen.

Das Fraunhofer IPA hatte bei der Veranstaltung der Handwerkskammer Konstanz zwei verschiedene Modelle zum Testen im Gepäck. „Mit diesen Systemen können Unternehmen vorbeugen und ihre Mitarbeiter schützen“, sagte Schneider. Das Interesse der Handwerksbetriebe an dieser recht neuen Technik ist groß.

Jan Benz, Beauftragter für Innovation und Technologie bei der Handwerkskammer Konstanz, hat die Stuttgarter Experten eingeladen. Er weiß um die körperlichen Belastungen, denen einige Handwerker ausgesetzt sind: „Vorbeugen ist wichtig, um gesundheitliche Schäden zu vermeiden.“

Studie: Exoskelette reduzieren Belastung

Schwere Lasten heben und länger über Kopf arbeiten - solche Szenarien simulieren die Forscher des Fraunhofer IPA für ihre Studien. Sie untersuchen, welche Entlastung die gängigen Exoskelette auf dem Markt effektiv bei der Arbeit bringen. Bewegungswissenschaftlerin Mirjam Holl stellte die Ergebnisse vor: „Die Tests zeigen, dass es eine Reduktion der Belastung von Schulter- und Rückenmuskulatur gibt, wenn Exoskelette getragen werden.“ Schweißer brachten durch die stützende Kraft der Systeme eine gleichmäßigere Schweißnaht zustande. „Die Qualität der Arbeit stieg an.“ Und die Probanden empfänden die Tätigkeiten als weniger anstrengend, etwa beim Bohren. Die Muskeln würden weniger schnell ermüden.

Neue Technik fällt kaum ins Gewicht

Das Gewicht schlage bei den passiven Systemen mit zwei bis drei Kilogramm kaum zu Buche, sagt Mirjam Holl. „Aktive Systeme wiegen fünf bis fünfzehn Kilo, je nach Funktion. Da muss die Schwere der Tätigkeit das Gewicht des Exoskeletts aufwiegen können.“

Urs Schneider wies auf textile Systeme hin, die wie Hosenträger getragen werden. „Das elastische Material sorgt dafür, dass die Träger nicht in eine schlechte Haltung kommen. Es nimmt zwar keine Last ab, verhindert aber bei Ermüdung eine Schonhaltung und sorgt so für Entlastung von Muskeln und Gelenken.“

Manuel Steinhauer bekommt ein Exoskelett angelegt.
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Urs Schneider und Mirjam Holl (Fraunhofer IPA) stellen das Exoskelett für die Lendenwirbelsäule auf den Körper von Manuel Steinhauer (Fachkraft für Lagerlogistik) ein.



Hersteller entdecken das Handwerk

Der Mediziner sieht großes Potenzial im Handwerk, etwa bei Bauberufen, und bietet Betrieben auch an, unterschiedliche Systeme im Fraunhofer IPA zu testen - einschließlich einer Beratung. „Die Hersteller haben sich bislang nur um große Firmen gekümmert, entdecken nun aber auch Handwerksbetriebe als Zielgruppe.“

Nächstes Jahr noch mehr Modelle

Am Ende hatte fast jeder Teilnehmer die Systeme getestet. „Die Begeisterung und das gezielte Interesse an Entlastung für den Körper und gesundheitlicher Prävention zeigt, dass das Thema Potenzial hat“, resümiert Jan Benz. Die Forschung laufe erst seit 15 Jahren. In Zukunft würden sicher noch ganz andere Systeme hinzukommen. Eine Wiederholung der Veranstaltung in größerem Rahmen ist geplant.

Gruppenfoto mit den Veranstaltern und zwei Exoskeletten, die Handwerker in der BA Singen testen konnten.
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Von links: Urs Schneider (Fraunhofer IPA), Viola Bischoff (Handwerkskammer Konstanz), Jan Benz (Handwerkskammer Konstanz) und Mirjam Holl (Fraunhofer IPA) mit den beiden Exoskeletten, die Handwerker in der BA Singen testen konnten.

Zwei Frauen knien auf dem Boden und stellen ein Exoskelett ein.
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Mirjam Holl (Fraunhofer IPA) und Tina Erndle (Mitarbeiterin Backstube Schorp Brothandwerk) stellen ein Exoskelett ein.

Hintergrund: Was sind Exoskelette?

Etwa hundert Firmen arbeiten derzeit weltweit an der Entwicklung von Exoskeletten. Die körpernahen Assistenzsysteme entlasten den Bewegungsapparat bei körperlicher Arbeit. Unterstützt werden je nach Gerät unterschiedliche Bereiche, wie Schulter, Nacken oder Lendenwirbelsäule.  Passive Exoskelette arbeiten mit Federn oder elastischen Bändern. Aktive Systeme bringen die Unterstützung durch einen Motor auf, wiegen aber mehr. Der Preis für passive Hilfen liegt zwischen 1.500 und 6.000 Euro.

 

 

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