Seilerhandwerk: Sophie Muffler und Martin Benz
privat
Haben sich auch auf dem Mittelaltermarkt in Huttwil bestens verstanden: Sophie Muffler und ihr Ausbilder auf Zeit Martin Benz.

Nachwuchsseilerin Sophie MufflerDen Beruf in die Welt bringen

Hinter die Kulissen des Theaters schauen und die Requisiten für ein Filmset schaffen – das macht nicht jede Auszubildende. Sophie Muffler schon. Gemeinsam mit Seiler Martin Benz hat sie für einen Film im Rahmen des Projekts „Moby Dick“ von Wu Tsang, Performance-Künstlerin und Hausregisseurin am Schauspielhaus Zürich, Seile für Schiffsrequisiten hergestellt. Premiere feiert „Moby Dick“ online im März 2022.

Praktikum in der ältesten Seilerei der Schweiz

Bei Martin Benz hat Sophie Muffler zwei Monate lang ein Praktikum gemacht, ihm gehört die Seilerei Kislig in Winterthur. In der ältesten Seilerei der Schweiz, die auf Kleinstmengen und Sonderanfertigungen spezialisiert ist, gibt es eine über 100 Meter lange Seilerbahn und kleine Flechtmaschinen. „Man merkt bei der Arbeit gleich, dass Sophie aus einer Seilerfamilie kommt. Wir hatten eine sehr schöne Zeit mit spannenden Aufträgen“, erzählt Benz und meint damit vor allem das Theaterprojekt. „Ich habe aber auch Rollladenseile, Hundeleinen oder Seile für Armbrüste gemacht“, ergänzt Muffler. Und auf einem Mittelaltermarkt hat Martin Benz Sophie Muffler beigebracht, wie man Hanfnetze von Hand knüpft.

XCHANGE hat’s möglich gemacht – trotz Corona

Als Auszubildende zwei Monate lang in der Schweiz arbeiten, das muss man sich erst einmal leisten können – oder sich bei der Finanzierung helfen lassen: z.B. von XCHANGE. Das Austauschprogramm unterstützt Lehrlinge, die ein Praktikum in der Schweiz, in Österreich, Liechtenstein, Italien oder im Elsass machen wollen, bei der Organisation und Finanzierung. „Den Kontakt zur Projektleiterin Sabrina Nicolussi hat die Ausbildungsberaterin Susanne Hillan von der Handwerkskammer Konstanz hergestellt, nachdem ich ihr von unserem Vorhaben berichtet habe“, erzählt Sophies Vater und Hauptausbilder Bernhard Muffler, der den Familienbetrieb in Stockach bereits in der vierten Generation führt.

„Wegen Corona hat Sophie Mufflers Austausch erst im zweiten Anlauf geklappt“, erinnert sich Nicolussi, „denn als die Grenzen zu waren, konnten wir natürlich auch keinen Austausch durchführen. Viele der langjährigen XCHANGE-Betriebe brauchen gerade immer noch eine Pause, weil Corona so viel durcheinandergebracht hat. Sie steigen dann im nächsten Jahr wieder voll ein.“ Anders Seilermeister Benz, mit dem die Familie Muffler aber auch schon vor dem Austausch befreundet war. „Das ging ganz reibungslos. Ich musste nur noch die Verträge aufsetzen und die Förderung auszahlen“, so Nicolussi. Auszubildende, die sich für einen Austausch interessieren, könnten sich auch jetzt jederzeit an sie wenden, die Fördergelder seien noch nicht ausgeschöpft und Lösungen finde man auch in dieser schwierigen Zeit.

Fortschritt durch Austausch

So ein Austausch bringt schließlich auch Fortschritt in den eigenen Betrieb. Sophie Muffler schwärmt: „Es ist immer wieder ein Highlight, woanders hinzugehen, woanders Fuß zu fassen, sich einzufinden und zu lernen, wie andere Leute das Handwerk ausüben. Ich weiß ja, wie wir es zuhause machen, aber es gibt einfach so viele verschiedene Möglichkeiten für ein und dieselbe Sache.“ In Winterthur bei Martin Benz habe sie z.B. gelernt, dass sich Seile mit einer Rohrschere viel leichter durchschneiden lassen als mit Messern, wie es ihr Vater noch gelernt hatte. „Eine solche Rohrschere habe ich meinem Vater dann gleich als Souvenir mitgebracht. Seitdem ist diese Methode bei uns nicht mehr wegzudenken.“ Auch die nächsten Monate haben die Mufflers schon verplant: Nach drei Wochen Berufsschule im oberfränkischen Münchberg und der Mitte Oktober aufgrund von Corona nachzuholenden Zwischenprüfung wird Sophie fünf Wochen in Elzach im Schwarzwald arbeiten. Dann folgt wieder ein Berufsschulblock, und an Weihnachten und Fasnacht ist sie wie immer zuhause. Da helfen nämlich alle Familienmitglieder bei der Produktion der traditionellen Karbatschen mit.

Die fünfte Generation steht schon in den Startlöchern

Auch die weitere Zukunft ist für Sophie Muffler klar: Nach der Gesellenprüfung will sie direkt den Meister machen, um dann in ein paar Jahren mit ihrer betriebswirtschaftlich ausgebildeten Schwester Helena den Familienbetrieb zu übernehmen, in fünfter Generation. Der Vater freut sich natürlich, aber Sophie betont auch: „Am Ende ist meinem Vater die Seilerei egal, viel wichtiger ist ihm, dass es mir und meinen Geschwistern gut geht. Dadurch fällt natürlich viel Druck weg.“ Am Seilerhandwerk fasziniert die 22-Jährige, die bereits eine Ausbildung zur Konditorin abgeschlossen hat, die Verbindung von traditioneller Handarbeit mit hochmodernen Maschinen. „Es ist ein spezieller und sehr vielseitiger Beruf, den nicht jeder macht. Das hat mich auch zu meiner Ausbildung ermutigt, denn ich finde: Diesen Beruf sollte man wieder mehr in die Welt bringen.“

Video: Fünf Fragen nach Nachwuchsseilerin Sophie Muffler

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