Strahlende Farben, strahlende Gesichter: Yaseen Wabhe (Mitte) kann im Praktikum bei Malermeister Stefan Heim in Heiligenbronn sein Talent unter Beweis stellen. Die Verständigung mit Azubi Sing Wanna (rechts) ist dabei gar kein Problem. Denn obwohl die Gebärdensprache nicht international ist, steckt Begeisterung einfach an.
Handwerkskammer Konstanz
Strahlende Farben, strahlende Gesichter: Yaseen Wabhe (Mitte) kann im Praktikum bei Malermeister Stefan Heim in Heiligenbronn sein Talent unter Beweis stellen. Die Verständigung mit Azubi Sing Wanna (rechts) ist dabei gar kein Problem. Denn obwohl die Gebärdensprache nicht international ist, steckt Begeisterung einfach an.

In der Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn wird eine neue Schule für Auszubildende mit Behinderung gebautAusbildung mit Hand und Herz

Das Handwerk ist in der Gebärdensprache nicht schwer zu verstehen: Eine knetende Bewegung mit beiden Händen? Klar, der Bäcker. Ein Auf- und Abstreichen mit der rechten Hand? Das kann nur ein Maler sein. Die Gebärde für den Fleischer ist zwar drastisch, aber eingängig: ein angedeuteter Schnitt durch die Kehle. Auch der Beruf des Schreiners versteht sich dank deutlich erkennbarer Hobelbewegungen von selbst. Gar nicht selbstverständlich ist es dagegen, dass hörgeschädigte junge Menschen Handwerksberufe ergreifen. Anders in der Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn bei Schramberg: Hier werden seit Jahrzehnten Menschen mit Behinderung in den unterschiedlichsten Berufen ausgebildet – neben Bäckern, Malern, Fleischern und Schreinern auch Köche, Gärtner, Landwirte, Altenpflegehelfer oder Hauswirtschafter.

Die meisten von ihnen werden Fachpraktiker oder Fachwerker, absolvieren also eine duale Ausbildung mit reduziertem Theorieanteil. Ihre Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt mindert das kein bisschen: „Wir können gar nicht so viele ausbilden, wie gebraucht werden“, sagt Udo Neudeck. Seit 33 Jahren leitet er die Sonderberufsschule auf dem Gelände des ehemaligen Klosters. Seitdem hat sich die Anzahl der Schülerinnen und Schüler fast verdoppelt, die Klassenzimmer im früheren Internat platzen aus allen Nähten.

Doch Abhilfe ist in Sicht: Vom Bürofenster des Schulleiters aus sieht man bereits den Rohbau eines neuen Schulgebäudes. In einem Jahr soll die Berufsschule St. Klara fertig sein. Rund 60 Schüler werden dort lernen können, in einem Umfeld, das ihnen Orientierung und Konzentration leichter macht. „Wir brauchen zum Beispiel andere Böden, weil für Träger von Hörgeräten sonst schon ein Stühlerücken schmerzhaft laut werden kann“, erklärt Neudeck. Taktile Leitsysteme und aktive Bildschirme mit individueller Kontrasteinstellung sind dagegen für sehbehinderte Schüler unabdingbar.

Rund 5 Millionen Euro wird die neue Schule kosten, der Großteil davon soll aus Eigenmitteln der Stiftung und Förderung der öffentlichen Hand, der Rest aus Spendengeldern finanziert werden. CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder hat die Schirmherrschaft für das Projekt in seinem Wahlkreis übernommen, auch Martin Maurer, Handwerksunternehmer aus Schramberg und früheres Vorstandsmitglied der Handwerkskammer Konstanz, rührt als Botschafter kräftig die Werbetrommel für den Neubau von St. Klara.



„Fachpraktiker-Ausbildung ist ein Segen“

Warum dieses Engagement an der richtigen Stelle einsetzt, ist in der Werkstatt von Stefan Heim zu erleben. Seit 25 Jahren – also genauso lang, wie es die Stiftung gibt – führt der Malermeister einen Regiebetrieb in Heiligenbronn und hat in dieser Zeit Dutzende Auszubildende betreut. Gerade hat er ein neues Talent entdeckt: Präzise tupft ein junger Mann Farbe in die Aussparungen des Gipsreliefs vor ihm auf der Werkbank. Die Besucher bemerkt er erst, als Stefan Heim neben ihn tritt und auf die kleine Gruppe deutet. Dann aber strahlt Yaseen Wabhe über das ganze Gesicht.

Der 15-Jährige stammt aus Jordanien und besucht die Schule für Hörgeschädigte in Heiligenbronn. In der Malerwerkstatt macht er ein Praktikum – und bringt dabei mit seiner Präzision und Freude an der Arbeit selbst einen erfahrenen Ausbilder wie Stefan Heim zum Staunen: „Der muss Farbe im Blut haben“, sagt der Meister und übersetzt das natürlich gleich in Gebärdensprache. Die hat Stefan Heim von seinen Azubis gelernt und später auch noch einen Kurs besucht. „Natürlich muss man fürs Dolmetschen mal den Pinsel hinlegen, aber das ist es wert“, findet er. Seine Schützlinge seien gefragte Arbeitskräfte in Handwerksbetrieben der Region und die allermeisten schafften dank der Ausbildung den Schritt in ein selbständiges Leben. „Nichts Schöneres, als wenn sie später nach Feierabend noch vorbeikommen und erzählen, woran sie arbeiten oder dass sie sich gerade ein Auto gekauft haben“, sagt Heim.

Strahlende Farben, strahlende Gesichter: Yaseen Wabhe (Mitte) kann im Praktikum bei Malermeister Stefan Heim in Heiligenbronn sein Talent unter Beweis stellen. Die Verständigung mit Azubi Sing Wanna (rechts) ist dabei gar kein Problem. Denn obwohl die Gebärdensprache nicht international ist, steckt Begeisterung einfach an.
Handwerkskammer Konstanz
Strahlende Farben, strahlende Gesichter: Yaseen Wabhe (Mitte) kann im Praktikum bei Malermeister Stefan Heim in Heiligenbronn sein Talent unter Beweis stellen. Die Verständigung mit Azubi Sing Wanna (rechts) ist dabei gar kein Problem. Denn obwohl die Gebärdensprache nicht international ist, steckt Begeisterung einfach an.

Gut 65 Prozent seiner Schülerinnen und Schüler blieben langfristig im Beruf, weiß Schulleiter Udo Neudeck. Die Fachpraktiker-Ausbildung sei damit ein echtes Erfolgsmodell und für Menschen mit Behinderung „ein Segen“.

Was damit gemeint ist, zeigt das Beispiel von Patrick Groepper in der Schreinerwerkstatt nebenan. Der 21-Jährige besuchte ursprünglich eine Schule für Menschen mit geistiger Behinderung, bevor in der Berufsvorbereitung seine große praktische Begabung auffiel. Heute ist er bei Stiftungs-Schreinermeister Jürgen Gruber in der Lehre, will nach dem Fachpraktiker für Holzverarbeitung vielleicht noch den Schreinergesellen draufsatteln. „Ich bin stolz auf mich, auf das, was ich erreicht habe“, sagt er. Sein Lehrmeister ist ebenfalls überzeugt: „Patrick wird seinen Weg machen.“ Schließlich bringe er wie die meisten Azubis der Stiftung nicht nur handwerkliches Können mit, sondern vor allem Zuverlässigkeit, Fleiß und eine riesengroße Motivation: „Das sind echte Kämpfer“, sagt Gruber, „damit gleichen sie sämtliche Defizite aus.“



Dass Patrick Groepper (links) im Schreinerhandwerk seine Berufung gefunden hat, ist auch seinem Lehrmeister Jürgen Gruber zu verdanken. Er glaubt nämlich fest an die Chancen ¿seiner Jungs¿ und hat bislang alle nach der Ausbildung in Arbeit gebracht.
Handwerkskammer Konstanz
Dass Patrick Groepper (links) im Schreinerhandwerk seine Berufung gefunden hat, ist auch seinem Lehrmeister Jürgen Gruber zu verdanken. Er glaubt nämlich fest an die Chancen ¿seiner Jungs¿ und hat bislang alle nach der Ausbildung in Arbeit gebracht.

Informationen zur Spendenaktion für die neue Berufsschule gibt es unter www.wir-machen-schule-machen-sie-mit.de. Mehr über die Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn ist unter www.stiftung-st-franziskus.de zu erfahren.