Spannende Perspektiven bei der 100. Vollversammlung der Handwerkskammer KonstanzZukunftsforscher Kai Gondlach: Wie die neue Geschwindigkeit Produkte, Prozesse und Kunden verändert

Zukunftsforscher Kai Gondlach
Handwerkskammer Konstanz
Zukunftsforscher Kai Gondlach

Am Anfang war der ASCI Red, ein raumfüllender Super-Computer, Weltrekordhalter in Sachen Geschwindigkeit. Das war im Jahr 1997. Wenige Jahre später kam die Sony Playstation 3 mit mehr Leistung, aber im handlichen Format auf den Markt. Heute schaffen schon Minicomputer wie der PI Zero, die für wenige Euro zu haben sind, die gleiche Leistung.

Digitalisierung schreitet immer schneller voran

„Wir bewegen uns auf einer exponentiellen Kurve, was die Geschwindigkeit von Datenbearbeitung und Übertragung anbelangt“, startete Kai Gondlach in seinen Vortrag, der die Zuhörer einerseits faszinierte, ihnen teilweise aber auch das Fürchten lehrte.  Die Digitalisierung ist in vollem Gange. Das Haus in China, das an einem Tag aus dem 3D-Drucker entsteht und in vier Tagen bezugsfertig ist, ist längst Realität.

Intelligente Apps statt persönlicher Expertise

Durch neue Innovationen und unvorstellbare Rechnerleistungen können selbst Werte wie Nähe und Vertrauen automatisiert werden. Klingt komisch? Keineswegs, wie Gondlach anhand von Beispielen aufzeigte. Um Nähe zum Kunden zu schaffen, sind heute keine Filialen vor Ort mehr notwendig. Quantität und Qualität der Kontakte und Interaktionen zu steigern schafft heute fast jeder Computer mühelos von selbst. Er kennt seine Kunden. Und auch für eine vertrauensvolle Beziehung ist kein direkter menschlicher Kontakt mehr nötig. Intelligente Apps weisen uns schon heute vertrauensvoll den Weg. Denken wir nur an Navis, denen wir uns anvertrauen oder Filter in Online-Shops, die für uns eine Auswahl treffen und auf die wir uns verlassen können.

Das Produkt der Zukunft für den Kunden der Zukunft passt sich stetig und perfekt auf ihn und seine aktuelle Situation an. Was Unternehmen und Organisationen jetzt schon tun, zeigte Gondlach am Beispiel eines spanischen Comedy-Theaters auf: Um mehr Zuschauer zu locken, sollten die Besucher nur jeweils pro Lacher zahlen. Dazu wurde jeder Platz mit einem Tablet ausgestattet, das die Lacher registrierte. Um mehr Lacher und damit mehr Einnahmen zu generieren, passte das Theater seine Pointen und Programme permanent an.



Unternehmen müssen künftig noch stärker um Mitarbeiter werben

Nicht nur auf Produkte, Kunden und Prozesse der Zukunft ging Gondlach ein, sondern auch auf die sich verändernde Arbeitswelt. Zukünftig würden beispielsweise noch mehr Berufe verschwinden, auch solche, denen ein hohes Maß an Wissen, Beratung und Vertrauen zugrunde liege. Gleichzeitig könnten Innovationen die Fachkräftelücke von 3,5 Mio Arbeitskräften im Jahr 2025 füllen, so Gondlach. Allerdings werde sich die Mitarbeiterschaft stark verändern. „40 Prozent der Mitarbeiter werden zukünftig Projektarbeiter sein, die nach Projektabschluss weiter wandern“, glaubt der Zukunftsforscher. Um Mitarbeiter zu binden, müssten Unternehmen sich um diese bemühen und Zusatzleistungen anbieten - oder zu fluiden Unternehmen werden, die eben mit einer hohen Fluktuation leben.

Überhaupt werde sich der Mitarbeiter von morgen, ein „Digital Native“, stark vom heutigen unterscheiden. Das zeigte Gondlach eindrücklich in einem Film: Da versucht ein knapp zweijähriges Kind verzweifelt, die Seiten einer Broschüre weiter zu wischen und darauf herum zu tippen. Es reagiert immer frustrierter und gluckst erst wieder fröhlich, als es das gewohnte Tablet in den Händen hält.

Eines sei klar, schloss Gondlach: „Produkte und Prozesse werden sich massiv verändern. Und die Geschwindigkeit wird nie wieder so langsam sein wie heute!“. Letztendlich sei es eine Frage der Perspektive, ob man die Zukunft als Chance begreife oder sich vor ihr ängstige.