Brüssel so nah: Zum Austausch mit dem EU-Abgeordneten Andreas Schwab trafen sich Handwerks-kammerpräsident Gotthard Reiner (r.) und weitere Handwerksvertreter am Konstanzer Webersteig.
Michael Kienzler
Brüssel so nah: Zum Austausch mit dem EU-Abgeordneten Andreas Schwab (li:) trafen sich Handwerkskammerpräsident Gotthard Reiner (2.v.li.) und weitere Handwerksvertreter am Konstanzer Webersteig.

Wunschzettel an die EU

Handwerksvertreter im Gespräch mit dem EU-Abgeordneten Andreas Schwab

Mehr Anerkennung für das duale Ausbildungssystem, vereinfachte Zugänge zu EU-Austauschprogrammen auch für junge Handwerker, weniger Bürokratie aus Brüssel, mehr Steuergerechtigkeit und ein deutlicherer Fokus auf die Belange kleinerer und mittelständischer Unternehmen innerhalb Europas – das waren nur einige Wünsche der Kreishandwerksmeister, die sich zum politischen Austausch in der Handwerkskammer Konstanz getroffen hatten.

Handwerksvertreter äußern Forderungen

Im Gespräch mit dem EU-Abgeordneten Andreas Schwab und dem Bundestagsabgeordneten Andreas Jung, beide CDU, bekannten sich  die anwesenden Handwerksvertreter klar zum europäischen Binnenmarkt, forderten aber gleichzeitig Nachbesserungen, etwa beim Thema Steuern. „Es kann nicht sein, dass sich Großunternehmer durch Standortverlagerungen ins Ausland vor der Steuerzahlung drücken“, kritisierte etwa Kreishandwerksmeister Hansjörg Blender. Hier pflichteten ihm die Politiker bei. Jung: „Wenn wir Europa stärken wollen, dann muss auch für das Steuerrecht die Mehrheitsentscheidung gelten. Sonst kriegen wir die, die international tätig sind, nicht besteuert.“

Die zusätzliche Bürokratielast aus Brüssel, Stichwort Datenschutzgrundverordnung oder   auch das neuste Urteil des Europäischen Gerichtshof zum Arbeitszeitgesetz, kritisierten die Handwerksunternehmer deutlich. Laut EuGH-Urteil müssen Arbeitszeiten zukünftig vollständig erfasst und Ruhezeiten von elf Stunden nachgewiesen werden. „Wir brauchen in der heutigen Arbeitswelt mehr Flexibilität und weniger Reglementierung. Eine flexible Wochenarbeitszeit wäre sinnvoll“, schlug Kammerpräsident Gotthard Reiner vor.

Schwab setzt auf duale Ausbildung

Die Vorzüge des dualen Ausbildungssystems samt Meistertitel müssten nach Meinung der Handwerksmeister noch stärker nach außen getragen werden, auch um Fachkräfte aus der EU anzuwerben. Schwab unterstrich in diesem Zusammenhang die Leistungsfähigkeit der dualen Ausbildung: „Gerade in der Krise 2008 und 2009 konnten das Handwerk und die duale Ausbildung in Deutschland punkten.“

Einen großen Anteil daran hat nach Ansicht von Kammerpräsident Gotthard Reiner das Kammersystem mit seiner Pflichtmitgliedschaft. Hierzu Schwab: „Unser System hat uns dahin gebracht, wo wir heute sind. Natürlich muss man jedes System immer wieder hinterfragen und verbessern, aber nicht abschaffen“, so Schwab.

Beide Politiker forderten die Handwerksvertreter dazu auf, ihre Ideen an sie weiterzutragen und sich in die öffentliche Debatte einzumischen. „Viele Menschen interessieren sich nicht mehr für politische Themen. Sie müssen uns hier unterstützen“, appellierte Schwab zum Abschluss.