Musste im letzten Jahr 77.000 Brötchen für die EEG-Umlage backen: Bäckermeister Daniel Link aus Trossingen. (Foto: privat)
Daniel Link
Musste im letzten Jahr 77.000 Brötchen für die EEG-Umlage backen: Bäckermeister Daniel Link aus Trossingen. (Foto: privat)

Bäcker der Region kritisieren neue BelegausgabepflichtJährlich 85 km Kassenbons beim Bäcker

Am 1. Januar 2020 startet die Belegausgabepflicht: Jeder Kunde des Deutschen Bäckerhandwerks muss ab diesem Tag für jeden noch so kleinen Einkauf einen Beleg erhalten. Betroffen sind allein in den fünf Landkreisen des Handwerkskammerbezirks Konstanz rund 150 Bäckerbetriebe, wobei hier die zusätzlichen Verkaufsfilialen noch nicht berücksichtigt sind.   

Handwerkskammerpräsident Gotthard Reiner fordert, dass Bäckerbetriebe mit Kassen, die den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, von der Belegausgabepflicht ausgenommen werden. “Für jede Brezel einen Bon ausgeben zu müssen, ist einfach absurd. Kaum ein Kunde braucht das und es ist auch nicht im Sinne der Nachhaltigkeit“, so Reiner.
Das Gesetz sieht laut Zentralverband des deutschen Bäckerhandwerks zwar Ausnahmemöglichkeiten vor, diese werden allerdings vom Bundesministerium der Finanzen zu streng ausgelegt, so dass bislang kein Handwerksbäcker eine Befreiung erhalten hat.

Bäckermeister Daniel Link, Obermeister der Bäcker-Innung Tuttlingen-Rottweil, beschäftigt sich, wie viele seiner Kollegen, mit dem Thema Nachhaltigkeit: „Das Handwerk befasst sich intensiv mit dem Umweltschutz. Wir diskutieren über die Reduzierung von Lebensmittel-Abfällen, die Reduktion von Coffee-to-go-Bechern und achten auf regionale Wertschöpfungsketten. Auf der anderen Seite werden wir nun gezwungen, Müllberge aus beschichtetem Papier zu produzieren. Das ist nicht nachvollziehbar und in Zeiten von Fridays for future nicht zeitgemäß.“ Link hat dies für seinen Betrieb mit fünf Verkaufsstellen einmal nachgerechnet. Mit einer vorsichtigen Schätzung von durchschnittlich 10 cm je Bon ergibt dies nur für seine Bäckerei eine jährliche Gesamtlänge von rund 85,314 km an ausgegebenem Papier - mehr als eine doppelte Marathonstrecke.

Dieses Thema mahnen auch Link und seine Innungs-Kollegen gemeinsam an: „Man muss sich wirklich mal überlegen, wieviel Müll und Bürokratie zukünftig eine Brezel verursacht, die innerhalb weniger Minuten aufgegessen wird.“ Das Bäckerhandwerk lebt schließlich von dieser hohen Kundenfrequenz, die sich in den örtlichen Fachgeschäften mit Backwaren und Snacks für den täglichen Bedarf eindecken.

Der gesetzliche Hintergrund

Das gesetzliche Regelwerk sieht in § 146a Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung (AO) – auch für Bäckereien – eine grundsätzliche Pflicht vor, jedem Kunden einen Beleg über jeden Geschäftsvorfall zur Verfügung zu stellen (sogenannte Belegausgabepflicht). Nach § 146a Abs. 2 Satz 2 AO  können die Finanzbehörden hiervon bei dem Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen nach § 148 AO aus Zumutbarkeitsgründen nach pflichtgemäßem Ermessen befreien. Weiterhin sind nach § 148 AO seitens der Finanzämter für einzelne Fälle oder bestimmte Gruppen Erleichterungen möglich, wenn die Einhaltung der durch die Steuergesetze begründeten Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten Härten mit sich bringt und die Besteuerung durch die Erleichterung nicht beeinträchtigt wird.

Daniel Schneider (Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks): „Nicht ohne Grund hat der Gesetzgeber hier ausdrücklich Befreiungsmöglichkeiten für einzelne Betriebe oder ganze Branchen geschaffen. Das Bundesfinanzministerium hat jedoch eine Anweisung an die Finanzbehörden im Bundesgebiet herausgegeben, durch die diese Befreiungsvorschriften praktisch leerlaufen. Die Betriebe des Bäckerhandwerks verkaufen klassischerweise, wie vom Gesetzgeber für eine Befreiung gefordert, ihre Waren an eine Vielzahl von unbekannten Kunden. Wenn den Betrieben eine Ausnahme von der Belegausgabepflicht gewährt wird, wird die Besteuerung in keiner Weise beeinträchtigt, weil die Kassen, die den gesetzlichen Vorschriften entsprechen, alle Zahlvorgänge lückenlos und manipulationssicher aufzeichnen.“