Schweiz Steuer
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Informationen, Treuhänder, SicherheitsgestellungBrauche ich eine Umsatzsteuernummer Schweiz?

Neben dem pflichtgemäßen Führen einer Umsatzsteuernummer und dem Ausweis der Schweizer Umsatzsteuer auf den Kundenrechnungen müssen deutsche Handwerksbetriebe, die in der Schweiz arbeiten, noch weiteren, zum Teil finanziell einschneidenden Verpflichtungen nachkommen. Dieser Artikel beantwortet nicht Fragen zum Versandhandel.

Seit 2018 kommt es bei Arbeitseinsätzen darauf an, ob der Weltumsatz des in Deutschland oder im sonstigen Ausland ansässigen Unternehmens die 100.000 CHF-Schwelle erreicht oder übersteigt. Da zum Weltumsatz auch der in Deutschland erzielte Umsatz gehört, dürfte fast jeder einheimische Einmannbetrieb von dieser Regelung betroffen sein. Zum Nachweis der Schwelle von 100.000 CHF (derzeit umgerechnet rund 92.500 €) dienen im Zweifel die letzten Geschäftsabschlüsse.

Der Schweizer Umsatzsteuersatz liegt bei 7,7%.

Was ist bei in der Schweiz erzielten Umsätzen zu beachten?

Reine Warenlieferungen

Reine Warenlieferungen (z. B. Möbellieferung oder Fensterlieferung in die Schweiz ohne Montage) sind von der oben genannten Regelung nicht betroffen. Im Rahmen einer reinen Warenlieferung ist es erlaubt, Waren ins passende Stockwerk zu verbringen und dort auszupacken. Es genügt die Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer. Aber Vorsicht! Bereits der kleinste Handgriff an der Ware löst die Umsatzsteuerpflicht aus. Mehr noch: Sogar der reine Funktionstest, das Eichen, die Kalibrierung einer Maschine, der Zusammenbau, die Inbetriebnahme oder Instandsetzung, die Wartung, der Service, das Putzen einer Maschine usw. löst stets zwingend die Schweizer Umsatzsteuerpflicht aus (siehe nächster Punkt „Warenlieferung plus Dienstleistung/Montage“).

Fazit: Der deutsche Betrieb meldet die reine Warenlieferung elektronisch beim deutschen und schweizerischen Zoll an (zum Beispiel über einen Zolldeklaranten oder eine Spedition) und zahlt 7,7 %  Einfuhrumsatzsteuer.

Warenlieferung plus Dienstleistung/Montage

Wer Waren in die Schweiz verbringt und diese dort montiert, muss bei einem Weltumsatz von 100.000 CHF oder mehr eine Schweizer Umsatzsteuernummer bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung Hauptabteilung Mehrwertsteuer beantragen.

Beispiel: Eine Küche wird für insgesamt 15.000 CHF verkauft und in der Eidgenossenschaft montiert. Der deutsche Betrieb wird ab dem ersten Franken Umsatz in der Schweiz sofort umsatzsteuerpflichtig! Es gibt keine Bagatelle-Schwelle.

Reine Dienstleistung/Montage ohne Lieferung

Wereine reine Dienstleistung/Montage in der Schweiz erbringt, ohne Material einzuführen, benötigt ebenfalls beim ersten Franken Umsatz eine Schweizer Umsatzsteuernummer – es sei denn, der Weltumsatz des deutschen Betriebes läge wiederum unter 100.000 CHF. Der Empfänger der Leistungen in der Schweiz bleibt dabei weiterhin bezugssteuerpflichtig (solidarische Haftung).

Beispiel: Eine reine „Wartung“ zum Beispiel einer in der Schweiz belegenen Maschine ist eine solche Dienstleistung, die bereits beim ersten Franken Umsatz in der Eidgenossenschaft eine Umsatzsteuerpflicht des deutschen Wartungsservice auslöst. Oder Malerarbeiten in der Schweiz, wenn sämtliches Material bauseits gestellt worden ist oder die Farbe vom Bauherrn oder dem Entsendebetrieb in der Schweiz eingekauft wurde.

Wirtschaftliche Folgen der Umsatzsteuerpflicht

Benennung eines Steuervertreters in der Schweiz

Der Schweizer Fiskus verlangt bei Umsatzsteuerpflicht die Angabe eines Treuhänders bzw. Steuervertreters. Hintergrund ist, dass das OECD-Amtshilfeabkommen keine Anwendung auf die Mehrwertsteuer genießt. Damit ist für den Schweizer Fiskus keine rechtsgültige Zustellung für die Mehrwertsteuer im Ausland möglich. Gesucht wurde daher eine Zustell-Lösung im Inland. Steuervertreter kann demnach jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz bzw. Geschäftssitz in der Schweiz sein. Der Treuhänder haftet außer bei Vorsatz (z. B. Mitwirkung bei Steuerhinterziehung) nicht für die Steuerschulden des deutschen Betriebs. Es kann sich beim Steuervertreter auch um einen Laien handeln – Fachkenntnisse im Steuerrecht werden nicht vorausgesetzt.

Es geht der Eidgenössischen Finanzdirektion in erster Linie darum, eine rechtsgültige postalische Zustelladresse („Briefkasten“) in der Schweiz bereit zu halten. Der Steuervertreter muss an dieser Adresse sämtliche Dokumente, die für die Umsatzsteuerprüfung von Belang sind, bereithalten. Die Steuervertretung ist durch ein standardisiertes Formular nachzuweisen. Weitere Informationen zur Steuervertretung und den konkret daraus erwachsenden Verpflichtungen finden Sie auf dem Formblatt „Erklärung über die Steuervertretung in der Schweiz“ auf der Homepage der Eidgenössischen Steuerverwaltung.

Wer hier einen guten Bekannten oder Verwandten in der Schweiz hat, kann daher die vierteljährlich abzugebende Umsatzsteuererklärung auch selbst oder über einen Steuerberater vor Ort (in Deutschland) anfertigen lassen. Sie können auch Ihren deutschen Steuerberater fragen, ob er eine Niederlassung in der Schweiz hat oder eine Zustellmöglichkeit in der Schweiz vermitteln kann und für Sie zu deutschen Stundensätzen über das Portal „Suissetax“ die Schweizer Umsatzsteuererklärung abgeben kann.

Zahlreiche Steuerberater, Steuerexperten und Treuhänder in der Schweiz sowie die Handelskammer Deutschland-Schweiz mit Sitz in Zürich bieten ebenfalls diesen Service an. Sie müssen je nach Aufwand für diese Leistungen bei gleichzeitiger Erledigung der Umsatzsteuererklärungen erfahrungsgemäß mit Kosten von ca. 1.200 bis 1.500 CHF pro Jahr rechnen. Ein Preisvergleich verschiedener Lösungen kann sich daher lohnen.

Absicherung der Mehrwertsteuereinnahmen

Darüber hinaus sichert sich die Eidgenössische Steuerverwaltung für die zunächst ausgewiesene und eingenommene Umsatzsteuer ab – denn der ausländische Betrieb könnte ja z. B.  in die Insolvenz gehen oder dessen Inhaber sich in Drittländer absetzen, ohne die ausgewiesene und eingenommene Umsatzsteuer jemals an den Schweizer Fiskus ausgekehrt zu haben. Als Sicherheit muss der ausländische Betrieb daher eine Bareinlage tätigen oder eine Bürgschaft einer in der Schweiz ansässigen und zugelassenen Bank über 3 % des erwarteten steuerbaren Inlandsumsatzes in der Schweiz, mindestens aber 2.000 CHF (höchstens 250.000 CHF) leisten. Dies kann weitere Kosten verursachen (Bindung der Einlage bzw. Gebühren für die Bankbürgschaft). Die Bankbürgschaft kann nicht (wie zum Beispiel die Bankbürgschaft zur Absicherung der Mindestlöhne und Vollzugskostenbeiträge) von einer deutschen oder sonstigen ausländischen Bank erfolgen, da die Eidgenössische Steuerverwaltung sich unbedingten Zugriff im Inland vorbehält.

Spezifische Fragen zur Umsatzsteuerpflicht und zum genauen Procedere beantwortet Ihnen die Eidgenössische Steuerverwaltung („Anmeldung bei der MWST“). Wenn Sie sonstige Fragen haben, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.

Portrait von Lothar Hempel HWK KN / Martin Bargiel

Lothar Hempel

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