Junger Zweiradmechatroniker schraubt an Motorrad.
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An allen Stellschrauben musste drehen, wer dieses Ausbildungsjahr zum Erfolg machen wollte. Im Handwerk blieb die Zahl der neuen Lehrverträge aber vergleichsweise stabil.

Ausbildungsbilanz"Aufholjagd gelungen"

Ausbildungssuchende und Betriebe sahen sich in diesem Ausbildungsjahr vor besondere Herausforderungen gestellt: Durch die Corona-Pandemie und ihre Folgen – Schulschließungen, Kontaktbeschränkungen, geschlossene Berufsinformationszentren und der Wegfall von Messen und Veranstaltungen – war die Suche auf beiden Seiten erschwert. Die Besetzung der Ausbildungsstellen verzögerte sich in vielen Fällen um circa zwei Monate. Dennoch blickten Vertreter der Arbeitsagenturen und der Kammern in der Region bei ihren Ausbildungsmarktgesprächen relativ zufrieden auf das zurückliegende Jahr zurück.

„Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen. Die Corona-Krise wurde in unserer Region nicht zur Ausbildungskrise“, fasste Horst Eckert, Leiter der Lörracher Arbeitsagentur, die diesjährige Bilanz zusammen. Sylvia Scholz, Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Rottweil – Villingen-Schwenningen, äußerte sich ebenfalls positiv: „Die Aufholjagd am Ausbildungsmarkt über den Sommer hinweg ist aus Sicht der Agentur für Arbeit gut gelungen. Wir bewegen uns auf dem Niveau der Vorjahre,“ so Scholz.

Deutlich mehr Stellen als Bewerber

In beiden Agenturbezirken lag die Anzahl der gemeldeten Stellen erneut deutlich über der der Bewerber. Allerdings hat auch der Anteil derer, die sich in diesem Jahr für eine weiterführende Schule oder ein Studium entschieden haben, im Vergleich zum Vorjahr weiter zugenommen. „Wir nehmen verstärkt Ängste der jungen Menschen wahr, die befürchten, dass ein Unternehmen aufgrund der Pandemie während der Ausbildung in wirtschaftliche Schieflage geraten kann“, sagte Horst Eckert.

Nur leichter Rückgang im Handwerk

Während in den IHK-Berufen der Region ein Rückgang der Ausbildungsverhältnisse um rund 15 Prozent zu verzeichnen war, zeigte sich das Handwerk im Coronajahr weitgehend stabil. „Erfreulicherweise gab es trotz der Corona-Beschränkungen, die sich auch auf das Handwerk ausgewirkt haben, keine dramatischen Einbrüche. Das zeigt: Die Ausbildung junger Menschen sehen die meisten Betriebe nach wie vor als wichtige Investition in die Zukunft. Und umgekehrt schätzen Jugendliche die Vorzüge einer handwerklichen Ausbildung“, sagte Werner Rottler, Präsident der Handwerkskammer Konstanz.

Virtuelle Orientierung weiter wichtig

Nun gehe es darum, auch für das kommende Ausbildungsjahr am Ball zu bleiben. „Corona wird uns noch eine Weile begleiten. Wir werden wohl auch im Frühjahr 2021 noch keine Schulklassen durch Betriebe führen können, daher müssen wir vieles in die virtuelle Welt verlegen“, so Rottler. Die Handwerkskammer habe bereits ein Online-Ausbildungspaket für Betriebe und Schulen geschnürt. Auch viele Handwerksbetriebe seien aktiv geworden, hätten ihre Karriereseiten im Netz auf Vordermann gebracht und sich in den sozialen Medien um die Nachwuchsgewinnung gekümmert. „Dieses Engagement muss sicher künftig noch verstärkt werden“, so Rottler.

Politisches Signal gefordert

Um Unternehmen in der Krise bei der Ausbildung finanziell zu unterstützen, hat die Bundesregierung zum 1. August das Programm „Ausbildungsplätze sichern“ aufgelegt. Die darin enthaltene Ausbildungsprämie wurde bisher von 120 Betrieben im Kammerbezirk beantragt. Das entspricht rund 15 Prozent der aktuell ausbildenden Betriebe. Rottler geht dieses Instrument aber nicht weit genug. „Die Ausbildung ist gerade für kleinere Betriebe ein echter Kraftakt, der Zeit und Geld kostet. Sinnvoll wäre neben der Ausbildungsprämie eine grundsätzliche Reduzierung der Ausbildungskosten gerade für kleine Betriebe. Ansetzen könnte man zum Beispiel bei der überbetrieblichen Ausbildung oder der gesetzlichen Kranken- und Pflege- sowie Unfallversicherung für Auszubildende“, so Rottler.

Zuschüsse für die Ausbildung

Kleine und mittelständische Unternehmen mit maximal 249 Beschäftigten, die in erheblichem Umfang von der Corona-Krise betroffen sind und ihr Ausbildungsengagement aufrechterhalten oder erhöhen, können im Rahmen des Bundesprogramms „Ausbildungsplätze sichern“ folgende Zuschüsse beantragen:

  • Ausbildungsprämien in Höhe von 2.000 bzw. 3.000 Euro für Betriebe, die trotz Corona-Krise stark ihr Ausbildungsniveau halten bzw. erhöhen.
  • Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung, wenn der Ausbildungsbetrieb Auszubildende und Ausbilder nicht mit in Kurzarbeit schickt.
  • Übernahmeprämien an Betriebe, die Auszubildende von insolventen Betrieben übernehmen.
  • Förderung für die Auftrags- und Verbundausbildung: Ist die Ausbildung pandemiebedingt nicht mehr möglich, kann befristet ein anderer Ausbildungsbetrieb hinzugezogen werden. Der übernehmende Betrieb erhält eine Prämie von 4.000 Euro pro Azubi. Neben der Bundesförderung gibt es für die Verbundausbildung auch eine Landesförderung.

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